Exorzismus nicht weit entfernt, und es steht uns daher
wenig an, darueber viele Worte zu verlieren, so lange wir selbst nicht frei
von aehnlichen Thorheiten sind.
Auch das Heilverfahren der abessinischen Wundaerzte erinnert an die "gute
alte Zeit". Ein Zahn wird mittels Zange und Hammer von einem Schmiede
ausgezogen, d. h. mit denselben Instrumenten, mit denen er sein Metall zu
bearbeiten pflegt. Aderlass wird mit einem Rasirmesser, Schroepfen mit einem
Ziegenhorn vollzogen, dessen Luftinhalt durch Erhitzen verduennt wurde.
Schlecht geheilte Knochenbrueche, die verkuerzte Glieder hinterliessen,
werden einfach nochmals gebrochen und so zu kuriren versucht. Indessen
Amulete stehen in weit hoeherem Ansehen, als der _Bala medanit_ oder
Meister der Arzneien. Wahnsinn, Epilepsie, Delirium, Veitstanz und
aehnliche oft unheilbare Uebel, fuer welche man keine Heilmittel kennt,
werden einfach dem Einflusse von Daemonen zugeschrieben und der Patient
hiernach behandelt. Blaue Papierstreifen sollen gegen Kopfweh helfen;
gewisse Pflanzensamen, in Saeckchen bei sich getragen, schuetzen gegen den
Biss toller Hunde und gegen Unglueck auf Reisen. Doch muessen diese Saemereien
mit der linken Hand gepflueckt werden zu einer guenstigen Zeit, wenn die
Sterne dem Pflueckenden hold sind - sonst hilft das Mittel zu nichts. Wie
wir schon aus Bruce wissen, verwuesten die Pocken oft das Land und fordern
ihre Opfer. Eine Art Impfung, wobei die Lymphe mit Honig vermischt wird,
findet dann von den _menschlichen_ Pusteln statt, in deren Folge oft viele
Leute sterben. In allen Faellen wendet man sich indessen, dem Aberglauben
huldigend, lieber an den Priester als an den Quacksalber, was im Grunde
genommen einerlei ist, da beide von der Medizin nach unsern Begriffen
nichts verstehen.
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Wenngleich es den Abessiniern nicht an der noethigen Faehigkeit und
Geschicklichkeit fehlt, so ist doch bei der allgemein herrschenden
Indolenz die _Industrie_ und Gewerbthaetigkeit sehr gering entwickelt, ja,
sie erhebt sich kaum ueber den allgemein afrikanischen Standpunkt, und
manche Gewerbzweige werden in derselben primitiven Weise wie bei den
benachbarten Negervoelkern betrieben. Ein grosser Theil der industriellen
Thaetigkeit liegt in den Haenden der fleissigeren Juden und Muhamedaner.
Von den Schmieden war schon die Rede; das Verfahren, wie das Metall aus
dem rothen Eisenthon in Tigrie bereitet wird, ist genau dasse
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