Von Eduard Zander.
Die Kulturflaeche Abessiniens. - Die Getreidearten, ihre
Anpflanzung und Verwendung. - Gewuerze, Gemuese, Wein, Baumwolle,
Gescho. - Ernteertrag. - Nuk. - Einfelderwirthschaft. -
Ackerwerkzeuge. - Regenzeit. - Bewaesserung. - Soziale Stellung der
Landleute. - Die Viehzucht. - Die Regierung und der Grundbesitz. -
Das Frohnwesen. - Steuern. - Wiesen und Moorgrund. - Bienenzucht.
- Aussicht fuer europaeische Ansiedelungen. - Die Wohnungen der
Landleute. - Die Muehlen Abessiniens.
Abessinien besitzt sehr viel Land, welches sich vortrefflich zum Anbau
eignet; jedoch kann man mit Sicherheit annehmen, dass von allem
kultivirbaren Boden kaum die Haelfte benutzt wird, sodass ungefaehr von der
gesammten Bodenoberflaeche kaum ein Drittel bebaut erscheint.
Die zwischen 8000 und 10,000 Fuss ueber dem Meere gelegenen Hochlaender, wie
Semien, die Wasserscheide des Rothen Meeres und Nilgebietes, Begemeder,
das Innere von Godscham, namentlich die Gebirge um die Quellen des Blauen
Nil, Sebit, Woadla, Daunt, Talanta, Lasta, Jedschu Wollo und Schoa sind
meist eben und abwechselnd mit sanften Huegeln und Hoehen bedeckt, die eine
zwei bis acht Fuss maechtige, sich nie erschoepfende Humusdecke tragen. In
allen diesen Laendern wird, manchmal bis zu 11,000 Fuss hinaufreichend, die
vierreihige Gerste kultivirt, waehrend die zweireihige nur zwischen 7000
und 8000 Fuss Meereshoehe angebaut wird. Die verschiedenen Arten des
Weizens, unter denen die Eidscha genannte die vorzueglichste ist, gedeihen
nur zwischen 8000 und 9000 Fuss; in derselben Hoehe kommt der Flachs am
besten fort, obwol er bis zu 6000 Fuss hinabgeht. Die Flachsbereitung zu
Webereien kennt der Abessinier nicht; er baut das nuetzliche Gewaechs nur,
um aus den Samen zur Fastenzeit ein Lieblingsgericht herzustellen. Die
Bereitung desselben ist sehr einfach. Man roestet zunaechst die Samen in
einem flachen Tiegel ueber Feuer, doch nicht zu stark, und zerstoesst sie
hierauf in einem hoelzernen Moerser sehr fein. So zubereitet laesst sich die
gestossene Masse in Kugeln formen und fuer lange Zeit aufbewahren. Um aus
diesen ein Leingericht herzustellen, werden einige Kugeln in Wasser zu
einer dicken Suppe zerruehrt, und in diese taucht der Abessinier seine
gesaeuerten, duenn gebackenen Brote. Fuer weitere Reisen ist diese Speise
ausserordentlich praktisch, ja fast unschaetzbar; ich selbst
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