ss, wenn man denselben mit
europaeischer Umsicht, Geschicklichkeit und Pflege behandelte, er seines
Gleichen nicht finden wuerde. Doch der Abessinier kennt weder Pflege noch
Wartung des edlen Gewaechses, dessen Verschneiden ihm ein unbekanntes Ding
ist; er ueberlaesst die Rebe ganz sich selbst. Aber es giebt ungemein viel
Strecken im Lande, die unter verstaendigen Haenden sich ganz vorzueglich zur
Weinkultur eignen wuerden. Man baut nur eine Sorte mit grossen, blaubeerigen
Trauben, die je nach Stand und Ort von Anfang Maerz bis Mitte April reifen.
(Vergl. S. 57.)
Citronen, Pomeranzen, Pfirsiche gedeihen im verwilderten Zustande sehr
gut, sind aber wenig verbreitet. Eine Citronensorte, Trunki genannt,
erreicht die Groesse eines Menschenkopfes; ihr angenehm schmeckendes Fleisch
ist sehr beliebt. Hier und da finden sich auch saure Granataepfel.
Die _Baumwolle_ wird nicht in dem Masse gebaut, um die Beduerfnisse des
Volkes decken zu koennen. Abermals ein trauriger Beweis von der
Unbetriebsamkeit und dem Unfleisse der Abessinier! Und doch fehlt es nicht
an geeigneten Laendereien. Man koennte sehr leicht den achten Theil
Abessiniens mit der nuetzlichen Pflanze bestellen - leider ueberlaesst man
denselben lieber den wilden Bestien als Tummelplatz. Zwischen 3000 und
5000 Fuss gedeiht eine vorzuegliche Qualitaet, und dabei bezieht man
Baumwolle aus fremden Laendern!
Rauchtabak wird im Lande selbst gebaut und fabrizirt; Schnupftabak
dagegen, den man nicht zu bereiten versteht, von Massaua bezogen. Die
Summe, welche jaehrlich aus Abessinien nach Massaua wandert, ist sehr gross,
und welchen Ersatz hat das Land fuer das viele ihm entgehende Geld?
Antwort: keinen.
Die Blaetter des _Geschobaumes_, die einen nicht unbetraechtlichen
Handelsartikel bilden, vertreten in Abessinien die Stelle des Hopfens und
werden beim Bierbrauen und bei der Herstellung des _Honigweines_ benutzt.
Letzteren bereitet man auf folgende Art. Auf ein Mass Honig giebt man fuenf
Mass Wasser, spuelt das Wachs aus und giesst die duenne Honigfluessigkeit in
einen wohlgereinigten, sechs Mass fassenden Krug. Man fuegt eine Hand voll
Geschoblaetter hinzu und laesst das Ganze bei maessiger Waerme vier bis fuenf
Tage gaehren. Nun ist der Wein fertig - allein trinken darf ihn nicht
Jedermann, da er koenigliches Monopol ist und der Herrscher den Genuss
desselben nur seinen vorzueglichsten Dienern und den Fremden gestattet.
Da der Abessinier weder Lust noch Liebe z
|