ist in der
Nachbarschaft kein Mangel; doch die geringe Sorgfalt, die jetzt auf die
verschiedenen Werke gewandt wird, droht sie dem gaenzlichen Ruin
zuzufuehren.
Geht man von der Kacha weiter westwaerts, so gelangt man in ein Seitenthal,
in welchem an einem Bergabhange die malerischen _Ruinen von Koskam_
liegen. Ziemlich gut erhalten ist noch das dortige Lustschloss mit zwei
Thuermen, deren einer ein Kuppeldach traegt, waehrend das des anderen einem
niedrigen, umgelegten halben Cylinder gleicht. Zwischen beiden fuehrt ein
hohes Bogenthor in eine lange steinerne Halle mit grossen Bogenfenstern und
Thueren; das Dach fehlt; Balken zeigen noch die Spuren von Altanen oder
Galerien. Das ganze Gebaeude besteht wie der Gemp aus ziemlich rohen
Basaltsteinen, die Thuer- und Fensterpfeiler aber aus gut gearbeitetem
rothen Sandstein. Zwischen reizenden Baumgruppen ragen die Reste eines
anderen Prachtgebaeudes, in dem, wie es scheint, eine Halle mit schoen
gearbeiteten Saeulen hinfuehrte, Alles ist aber verfallen und mit Gestruepp
und Schlingpflanzen ueberwachsen.
[Illustration: Bruecke ueber die Kacha. Originalzeichnung von Eduard
Zander.]
Noch weiter westlich, von hohen Mauern mit Zinnen und Thuermen umschlossen,
ist die Kirche, eine Rotunde mit Strohdach und vielen Wandgemaelden, die
namentlich Reiterfiguren darstellen.
So ist das heutige Gondar und seine Umgebung beschaffen; ueberall auf
Schritt und Tritt begegnet dem Reisenden Verfall, und doch koennte diese
Stadt bei ihrer praechtigen Lage in der gesunden, fruchtbaren Gegend im
Mittelpunkte Amhara's zu einer grossen Bluete gelangen - wenn nur ihre
Bewohner anders beschaffen waeren.
Man hatte mir viel von der kleinen Kirche _Towari_ erzaehlt, die eine
Stunde von meinem Aufenthaltsorte entfernt liegt, in welcher man die
abessinische Malerei am besten studiren koenne. Ich begab mich dorthin und
fand auch dieses Gotteshaus, wie alle Landeskirchen, in einem dichten Hain
von Juniperusbaeumen versteckt. Die Gemaelde, so beruehmt in Abessinien,
machten auf mich, der ich sie mit europaeischen Augen ansah, im allgemeinen
einen schauderhaften Eindruck. Indessen fesselte ein Bild des Abendmahls
doch sehr meine Aufmerksamkeit, da auf demselben der Kuenstler hieratische
Traditionen, byzantinische Malerei und Details des abessinischen Lebens
merkwuerdig miteinander verschmolzen hatte. Christus, die Jungfrau und die
Abendmahlsgenossen sind nach der Tradition gekleidet und mit gro
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