ers die
Stiefmutter heirathet, und Munzinger kennt ein Beispiel, dass ein Mann die
Frau seines gestorbenen Sohnes zum Weibe nahm. Scheidungen sind haeufig,
die Vielweiberei ist jedoch ziemlich selten, wenn auch erlaubt.
[Illustration: Hirtenfrau auf der Wanderung. Zeichnung von R.
Kretschmer.]
Frueher bauten die Bogos Haeuser aus Stein - jetzt Zweighuetten wie die
Mensa. Das Innere trennt man durch eine Matte in zwei Haelften. Auch in den
haeuslichen Einrichtungen herrscht allerlei Aberglauben. So wird z. B.
Feuer und Wasser nach Sonnenuntergang niemals aus dem Hause gegeben und um
diese Zeit kein verliehenes Beil zurueckgenommen. So lange eine Leiche sich
im Hause befindet, wird kein Feuer angezuendet, und frische Butter zu
essen, gilt fuer eine Schande.
Die Bogos haben schoene, regelmaessige Gesichtszuege und nicht das leiseste
Negergepraege. Die Hautfarbe wechselt zwischen Gelb und Schwarz. Die Augen
sind lebendig, schwarz und braun, der Haarwuchs weich und vollstaendig,
doch grob.
Die Bogos sind mehr Hirten als Ackerbauer. Die Herden ziehen fast das
ganze Jahr hindurch im Freien umher, und wol ein Drittel der Bewohner
wandelt nomadisch mit denselben. Weib und Kind, das noethige Gepaeck wird
aufgeladen und der Weideplatz ausgesucht. Dann wohnt Alles unter
Palmenmatten, die bei einer Platzveraenderung leicht abgebrochen und auf
Ochsen geladen werden. Milch ist die beliebteste Nahrung, und jede Kuh hat
ihren Namen. Der Hirt lenkt seine Herde mit guten Worten, ohne Hunde.
Unter diesem Volke gilt, wie im eigentlichen Abessinien, das _Blutrecht_.
Die Nachkommen eines Vaters bis auf sieben Grade bilden die
Blutsverwandtschaft. Dieselbe wird des Bluts theilhaftig, wenn ein
Familienmitglied einen Mord begangen hat, und ist solch ein Glied getoedtet
worden, so hat jene gesammte Verwandtschaft das Recht und die Pflicht der
Blutrache (_Merbat_). So lange die im Blut stehenden Familien sich
eigenmaechtig untereinander der Rache hingeben, hat das Recht nichts zu
sagen; der Zwist wird den Blutfeinden ueberlassen. Sobald dieselben aber
zur Versoehnung bereit sind, wenden sie sich an einen Mittelsmann, welcher
jeder ihr Recht giebt; die Parteien zaehlen ihre Todten, und der Ueberschuss
wird mit dem Blutpreis gesuehnt.
Munzinger schildert, wie es mit dem Christenthum stand, als er und der
Lazarist Stella 1855 in das Land kamen. Die Bogos nannten sich _Kostan_,
Christen; zum Beweise, dass sie es seien, beruehrten sie n
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