still. Diese Ruhe sollte
jedoch nicht lange anhalten. Ein wilder Schrei ertoente vom aeussersten Ende
des Lagers her, panischer Schrecken ergriff die gesammte Mannschaft und in
wilder Flucht stuerzten die Maenner, die sonst keine Furcht kannten, durch
das Thal nach der Stelle hin, wo die Gesandten schliefen. Nur mit Muehe
gelang es, alle zu sammeln und dann nach der Ursache des Schreckens zu
forschen. Ein trauriger Anblick bot sich nun den Suchenden dar. Ein
Sergeant und ein Korporal von der indischen Armee, welche die Expedition
begleiteten, waelzten sich in Todeszuckungen in ihrem Blute. Dem einen war
die Halspulsader durchschnitten, dem anderen ein Stich in das Herz
versetzt worden, waehrend nicht fern von ihnen ein Portugiese lag, der eine
fuerchterliche Wunde quer ueber den Leib hatte, sodass die Eingeweide
hervorquollen. Im Augenblick als der Alarm entstanden war, hatte man im
hellen Mondlichte zwei dunkle Gestalten an den das Thal einschliessenden
Bergen in die Hoehe klimmen und verschwinden sehen; trotz der Verfolgung
konnte man ihrer nicht mehr habhaft werden. Wahrscheinlich waren dieses
Isa-Somal, die das satanische Verbrechen aus reiner Mordlust begangen
hatten. Denn jedes Schlachtopfer, das wachend oder schlafend in die Haende
dieser Teufel in Menschengestalt faellt, giebt diesen das Recht, als
Ehrenzeichen eine weisse Straussenfeder in den fettigen schwarzen Haaren,
einen Kupferring am Arm und einen neuen Silberknopf am Heft des
Saebelmessers zu tragen. Jeder Mord ruft nach dem Gesetze der Blutrache
wieder einen Mord hervor, und so nimmt das Blutvergiessen unter den Staemmen
der Danakil und Somal kein Ende.
[Illustration: Schlucht von Gungunte. Nach M. Bernatz.]
Am naechsten Morgen bestattete man unter Gebet und Flintensalven die Opfer
dieses schaendlichen Mordes und zog dann auf der gefaehrlichen Strasse
weiter. Drei Jahre lang war schon dieser Weg von Abessinien nach der
Seekueste durch solche Schurken foermlich geschlossen, die jeden
Durchziehenden kaltbluetig abschlachteten, bis der junge Haeuptling der
Debeni die Banditen ausrottete und die Strasse wieder oeffnete; jedoch ist
es nicht zu verhindern, dass einzelne Gegenden immer noch unsicher bleiben.
Viele Leute, welche die Karawane begleiteten, zeigten an ihrem Koerper
Spuren grosser, von den Wegelagerern empfangener Wunden.
Von nun an befestigte man das Lager des Nachts und stellte zahlreiche
Posten aus, die alle Herannahenden zurueckweisen mu
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