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Obgleich der Negus sein eigenes Volk verachtete und dessen Fehler recht
wohl kannte, so hat er nichtsdestoweniger redlich an der Verbesserung der
Lage desselben zu arbeiten versucht und, soweit den eingewurzelten
Missbraeuchen gegenueber seine Kraft reichte, eine reformatorische Thaetigkeit
entwickelt, die allerdings durch die fortdauernden Rebellionen auf grosse
Hindernisse stossen musste. Durch die lange Anarchie waren alle Gesetze nur
todte Buchstaben geworden und die Kirche in die groessten Missbraeuche
gerathen. Alle ueblen Folgen der todten Hand lasteten auf den Bauern und
Besitzern der Kirchengueter. Gegen diese Missbraeuche trat nun Theodor mit
eisernem Willen auf; er erklaerte die todte Hand als ein nationales Uebel
und annektirte alle Kirchengueter der Krone, indem er der Geistlichkeit ein
gewisses Einkommen und den Kloestern genug Land liess, um sich zu ernaehren.
Auf die Einheit der Kirche hielt er dabei grosse Stuecke; doch war er
Fanatiker und befahl allen Muhamedanern in seinem Reiche, binnen zwei
Jahren Christen zu werden. Mit den Missionaeren, protestantischen wie
katholischen, die sich doch in die politischen Verhaeltnisse mischten,
wollte er nichts zu thun haben - er untersagte ihnen jegliche Thaetigkeit.
Den Handel zu heben, hatte Theodor gleich nach seinem Regierungsantritte
alle die unzaehligen Zollstaetten von Gondar bis nach Halai aufgehoben, zwei
Plaetze ausgenommen. Auch der Sklavenhandel und die Vielweiberei wurden
verboten, freilich ohne grossen praktischen Erfolg. Sein Hauptplan war aber
immer, das grosse aethiopische Reich phoenixartig aus der modernden Asche
wieder erstehen zu lassen. Hierzu brauchte er die Huelfe der Europaeer, und
darum verlangte er nach jenen Handwerkern, die ihm auch durch Krapf's
Vermittlung zugeschickt wurden. Jedenfalls war ueberall ein Fortschritt,
auch in der Justiz zu erkennen, sodass 1862 Heuglin aus Abessinien in die
Heimat schreiben konnte:
"Die Zustaende in Abessinien im Allgemeinen lassen Manches zu wuenschen
uebrig. Der Koenig stoesst auf tausend Schwierigkeiten bei Einfuehrung seiner
Reformen und muss mit eiserner Strenge verfahren, um nur einigermassen
Ordnung erhalten zu koennen, doch ist trotzdem, dass ihm seine Kriegszuege
keine Zeit lassen, viel fuer Administration zu thun, auch manches sehr
Erfreuliche hier geschehen. Namentlich ist fuer bessere Kommunikation
wirklich mit Erfolg an Strassenbauten gearbeitet und dem Schreiber- und
Pfaffenun
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