Abbildungen in Farbendruck von Robert Kretschmer's
Meisterhand geschmueckt wurde.
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Der Aufenthalt des Herzogs im Bogoslande war jedoch viel zu fluechtig
gewesen, als dass derselbe unsere Kenntnisse von den Bewohnern desselben
haette eingehend foerdern koennen. Diese aber, durch Sitten, Abkunft und
Rechtsverhaeltnisse ein hoechst interessantes Volk, lernen wir am besten
durch _Werner Munzinger_ kennen, der sich viele Jahre unter ihnen aufhielt
und gleich Stella eine bedeutende Stellung einnahm.
Ueber das Bogosland sind viele Stuerme hinweggebraust. Die ganze Nordgrenze
Abessiniens von Massaua bis zum Mareb war, der Sage zufolge, in alten
Tagen von den _Rom_ bewohnt, einem riesenhaften, uebermenschlichen
Geschlechte. Der letzte desselben verfeindete sich mit Gott, schleuderte
eine Lanze gen Himmel und zur Strafe zerfrass ihm ein von Gott gesandter
Adler den Kopf. Die Rom werden noch in Liedern besungen und spitzige
Steinhaufen fuer ihre Graeber ausgegeben. Nach den Rom kamen die Kelau, ein
aethiopischer Stamm aus Abessinien, von dem nur wenig Reste blieben; dann
wanderten die Barea von Hamasien her ein und schliesslich die Bogos.
Ihr Stammvater _Gebre Terke_ ist vom Volke der Lasta-Agows (vgl. S. 90).
Aus Furcht vor der Blutrache verliess er seine Heimat, stieg hinab in die
Kolla und baute zu Mogarech im Bogoslande die Giorgiskirche; das mag 1530
gewesen sein, zur Zeit der muhamedanischen Kaempfe gegen das christliche
Abessinien. Vor dem zu Aschra befindlichen Grabsteine des Stammvaters geht
auch heute noch kein Bogos vorueber, ohne ihn zu kuessen.
Bei den Bogos ist das Stammverhaeltniss stark ausgepraegt und die einzelnen
Abtheilungen sind derart durch Heirathen verschwaegert, dass innere Fehden
zur Unmoeglichkeit werden. Frueher standen sie direkt unter Abessinien und
sandten alljaehrlich 60 Ochsen als Tribut an den Koenig in Gondar. Sie
bildeten eine _Aristokratie_, die sich selbst nach eigenem Rechte
regierte, eine gewisse Kultur besass, jedoch durch Kriege und Beruehrungen
mit den Nachbarn allmaelig in Barbarei versank. Abessinier sowol als die
Aegypter von Ostsudan aus machten Verheerungszuege in das Bogosland und es
kam 1854 so weit, dass die Bogos endlich um Frieden flehten und den
Aegyptern versprachen, den Islam anzunehmen. Da erschien bei ihnen der
erwaehnte Missionaer Johannes _Stella_ und sammelte die Leute wieder, und
der englische Konsul _Plowden_ erwirkt
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