tung und wandte mich mehr
nach Nordosten, einer schoenen sumpfigen Praerie zu, welche links von
bizarren Bergen begrenzt wurde. Da, wo sie endigt, liegt _Axum_, die alte
heilige Stadt Abessiniens, die jedoch bereits so oft von den
verschiedensten Reisenden geschildert worden ist, dass ich die Leser mit
Aufzaehlung ihrer Alterthuemer hier nicht ermueden will. (Vergl. oben S. 4.)
In vier und einer halben Stunde gelangte ich weiter nach der gegenwaertigen
Hauptstadt Tigrie's, _Adoa_. Die Stadt liegt zwischen dem suedlichen Fusse
des Scholada am linken Ufer eines kleinen Baches, der sich mit dem Asam
vereinigt. Die suedlichen, weniger zusammenhaengenden Quartiere sind ueber
mehrere Anhoehen zerstreut und theilweise sehr im Verfall begriffen. Viele
Kirchen, wie gewoehnlich in kleinen Hainen, erheben sich in und um Adoa,
unter denen sich die von Metchimialem auszeichnet. Sie ist von Detschas
Sabagadis erbaut, der eine grosse Glocke hierher stiftete. Die Strassen sind
eng, krumm und schmuzig, die Haeuser meist aus Stein gebaut; viele haben
Daecher von Thonschieferplatten, andere von Stroh; auch solche von zwei
Stockwerken sind keine Seltenheit. Der Hofraum ist immer mit einer hohen
Feldsteinmauer umgeben, in welcher sich Gaertchen hinziehen und Cordiabaeume
stehen. An der nordoestlichen Ecke auf einer steinigen Ebene am Bach ist
der Marktplatz, wo an mehreren Tagen der Woche Markt gehalten und
geschlachtet wird. Seit Jahrhunderten und namentlich seit dem Verfall von
Axum ist Adoa die Haupt- und erste Handelsstadt Tigrie's, deren
Einwohnerzahl, fast lauter Christen, etwa 6000 Seelen betraegt. Die
industriellen Produkte sind von geringer Bedeutung.
Da meine in Gondar gemietheten Leute nicht weiter gehen wollten, musste ich
hier frische Diener miethen. Dies hielt mich 14 Tage in Adoa auf, und
diese Zeit benutzte ich zu Exkursionen in die Umgegend. Leider versaeumte
ich, die Ruinen der _Jesuitenresidenz Fremona_ bei Mai Goga in der Naehe zu
besuchen. Bruce, der sie gesehen hat, giebt an, dass zu seiner Zeit die
Mauern noch 27 Fuss hoch gewesen seien, ein von Thuermen flankirtes Viereck,
das als Festung gedient hatte. Doch das verhinderte die Vertreibung der
Patres nicht, die vor zwei Jahrhunderten eine fuerchterliche Qual
Abessiniens waren. Man erzaehlte mir, dass die Ruinen heute ein Gegenstand
der Furcht bei den Landleuten seien, welche das alte Gemaeuer von boesen
Geistern bevoelkert glauben.
Am 29. Oktober 1863 verliess ic
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