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Feudalherr, dessen kleiner pomphafter Hof lebhaft an die merovingischen
Herzoege zur Zeit Gregor's von Tours erinnert. Doch war es hier nicht das
erste Mal, dass ich jene Sitten noch in voller Ausuebung fand, welche in
meinem Vaterlande vor acht oder zehn Jahrhunderten herrschten, und manche
dunklen Verhaeltnisse unsrer Geschichte wurden mir erst durch den
Augenschein im heutigen Abessinien klar vor Augen gefuehrt.
Wir schritten ohne Zoegern die schwindlige Bruecke entlang, die jener
gleicht, welche in den muhamedanischen Legenden aus dem Paradiese in die
Hoelle fuehrt, und nachdem wir ein Thor erreicht hatten, das von halb
entbloessten Lanzentraegern bewacht war, kletterten wir langsam einen
abschuessigen Abhang hinan, passirten ein zweites Thor und standen nun auf
einer Plattform, wo uns Gilmo's Leute in eine Art Wartesaal fuehrten, indem
sie uns bedeuteten, dass der Bel-Amba-Ras gerade mit einem Botschafter des
Negus verhandle, dass wir aber nach dessen Abfertigung sofort eingelassen
werden sollten.
Nach Verlauf von zwei Stunden fuehrte man uns in einen weiten, mit Dienern,
Vasallen und Leibwaechtern angefuellten Raum, in welchem der
Festungskommandant auf einer Alga ruhte. Seine dunkeln Gesichtszuege
zeigten zur Genuege an, dass er von Ursprung ein Gamante (vergl. S. 88) sei,
welches Volk in diesen Grenzprovinzen sehr zahlreich wohnt und die grossen
Sykomoren verehrt. Er hielt eine "Berille", weitbauchige Flasche von
antiker Form mit langem Halse in der Hand und war schon angetrunken. Uns
zutrinkend wuenschte er nichts sehnlicher, als uns in den gleichen Zustand
versetzt zu sehen. Ich trug ihm meine Bitte vor, das Weihnachtsfest bei
meinen "europaeischen Bruedern" in Dschenda zubringen zu duerfen. So nannte
ich naemlich die dort wohnenden Missionaere, von denen ich in der Folge
manche Unterstuetzung zu erhalten hoffte, und mit grosser Genugthuung
vernahm ich alsdann seinen Ausspruch: "Etsche! Ich willige ein". Durch
diesen guten Anfang kuehner gemacht, bat ich ihn um die Erlaubniss, seine
Festung abzeichnen zu duerfen, die ich fuer ein Weltwunder erklaerte. Er
wurde ernst und sagte: "Hast du in unserm Lande etwas verloren? Hat man
dich bestohlen? Sprich, und ich will dir Gerechtigkeit widerfahren
lassen!" Nichts dergleichen, antwortete ich. "Dann", nahm er das Wort,
"hast du auch nichts zu verlangen, und aus welchem Grunde willst du diesen
Ort "abschreiben", um dich spaeter seiner zu erinnern?" Sein Misstrauen
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