lag
klar auf der Hand, ich schwieg weislich still und nahm dankend Abschied.
Kaum in mein Quartier zurueckgekehrt, erhielt ich vom Bel-Amba-Ras einen
Hammel, einen Krug mit Honigwein, sowie Brot zugeschickt und hielt mit
Dufton eine koestliche Mahlzeit. So war die Audienz gut abgelaufen und wir
kehrten nach Tschelga zurueck, um uns zur Abreise vorzubereiten.
Vor uns leuchtete der herrliche _Tanasee_, wie ein von Smaragden
eingefasster Saphir. Er ist ein grosses vulkanisches Becken von
ausserordentlicher Tiefe, auf dem die Stuerme heftig hausen. Zwanzig Stroeme
und Baeche speisen ihn, fuehren aber auch zur Zeit der Sommerregenguesse ihm
grosse Mengen von Schlamm zu und aendern dadurch stets seine Grenzen.
Reizende Inseln, auf welchen Kirchen und Kloester sich im Gruen der Baeume
verstecken, unterbrechen anmuthig seine Flaeche und verleihen dem
lieblichen Bilde Abwechselung.
Die Reise von Tschelga nach Dschenda wurde in drei Stunden ohne
bemerkenswerthen Vorfall zurueckgelegt. Eine halbe Stunde hinter Tschelga
passirten wir den _Goang_, welcher an seiner nahen Quelle, dem Gesetze
aller abessinischen Stroeme folgend, eine Spirale um den Berg Anker
herumzieht. Die Braunkohlen, auf welche 1855 bereits Krapf aufmerksam
machte, wurden auch von mir in dieser Gegend gesehen. Spaeter liess Koenig
Theodor diese Lager durchforschen, um seine Werkstaetten in Gafat damit
versehen zu koennen. In _Dschenda_ wurde ich von einem grossen jungen Manne
empfangen, der mit der abessinischen Schama, tuerkischen Pantoffeln und
einer europaeischen Muetze bekleidet erschien. Es war der deutsche Missionaer
_Martin Flad_, welcher sich mit der Bekehrung der in dieser Gegend sehr
zahlreichen Juden befassen darf. Er stellte uns seine Frau vor, welche
Diakonissin im Institute des Bischofs Gobat zu Jerusalem gewesen war.
Diese deutsche Familie erschien mir in jeder Beziehung musterhaft und
ausserordentlich gastfrei, ein Lob, das ihr alle jene Reisenden ertheilen
muessen, welche auf dem Wege ueber Dschenda nach Abessinien eindrangen. Ich
blieb vier Tage in Dschenda und unterhielt mich mit Flad viel ueber den
Koenig Theodor II., der ihm grosse Gunst bezeugte und ihn ganz anders
behandelte als seine Kollegen Stern und Rosenthal (Flad gehoerte jedoch
sammt seiner Frau auch zu den Gefangenen in Magdala). Er erzaehlte mir, dass
vor der Thronbesteigung Theodor's in Dschenda kein Markttag verging, ohne
dass einige Mordthaten vorkamen, dass aber unter der neu
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