eine Stunde vom Meere entfernt, liegen an einem
breiten, trockenen Strombette die Ruinen der beruehmten Stadt _Adulis_,
Adule, _Zula_ oder Asule. Sie wurde unter Ptolemaeus Euergetes gegruendet
und war zur Zeit der Ptolemaeer ein bluehendes Emporium, dessen Bewohner
lebhaften Handel, besonders mit Elfenbein, Rhinozeros, Schildpatt, mit
Affen und Sklaven trieben. Eine zweite Bluetezeit erlebte Adulis unter den
Koenigen von Axum, fuer deren Staat es Hafenplatz bildete.
[Illustration: Hirt mit Fettschwanzschafen. Zeichnung von Robert
Kretschmer.]
Als im 6. Jahrhundert hier der Indienfahrer Kosmas landete, fand er das
_Monumentum adulitanum_, dessen Inschriften ueber die alte Geographie jener
Gegenden wichtige Auskunft geben. Jetzt sind von der Stadt nur elende
Ruinen noch uebrig, die zwei Meilen im Umfang haben. Schutthaufen von
Wohnungen, die alle von kleinen unbehauenen Lavasteinen erbaut waren, in
der Mitte die Truemmer einer ganz zerfallenen Kirche, dabei Saeulenreste und
Kapitaele, alles ziemlich plump aus Lava gearbeitet und mit Buschwerk
ueberwachsen - das ist, was von Adulis uebrig blieb. Keine Inschrift, kein
Relief ist mehr zu sehen, aber die Begraebnissplaetze der Muhamedaner haben
sich zwischen diesen alten christlichen Resten angesiedelt, bei denen der
Mangel groesserer Gebaeude nicht auffallen kann, wenn man bedenkt, dass Adulis
einst dieselbe Rolle spielte, wie heute Massaua, in dem auch alle grossen
Gebaeude fehlen.
Hier ist der Ort, einen kurzen Blick auf die Bewohner des Kuestenlandes zu
werfen. Diejenigen der Samhara, des schoenen Thales von Modat, in welchem
die heissen Mineralquellen von Ailet liegen, nennt man zusammenfassend
_Beduan_. Sie sind gleich den Abessiniern Semiten und reden die
Tigresprache. Alle bekennen sich zum Islam, doch vor einem Menschenalter
waren sie noch Christen, wie es ihre naechsten Nachbarn im Nordwesten, die
Mensa und Bogos, noch heute - wenigstens dem Namen nach - sind. Sie sind
alle Nomaden, die besonders Viehzucht treiben und Kameele, Rindvieh,
Ziegen und Schafe halten. Letztere sind verschieden von den eigentlichen
abessinischen Schafen; sie kommen vielmehr ueberein mit dem arabischen oder
persischen _Fettschwanzschafe_ und zeichnen sich durch einen schwarzen
Kopf aus.
In der Umgebung des Golfs von Adulis bis zur eigentlichen Grenze
Abessiniens wohnen Hirtenvoelker, die Heuglin unter dem Namen _Schoho_
zusammenfasst und zu denen er auch die _Hasorta_ oder Saort
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