issbraeuchen und gestaltete die Aufenthaltsorte der Moenche zu ewigen
Sitzen der Unruhe um, zumal die Unantastbarkeit der Freistaette meistens
streng eingehalten wurde, bis Koenig Theodoros auch hier einen gewaltigen
Schritt that und mit kuehner Hand seine Feinde selbst aus den Asylen
hervorholte.
Neben der Unsittlichkeit der Geistlichen, der frechen Simonie, der
uebermaessigen Bilderverehrung, dem Glauben an Weissagereien und
Vorbedeutungen, der Auslegung von Traeumen, Furcht vor Hexerei und boesen
Kuensten muss andererseits hervorgehoben werden, dass jedenfalls im Lande
kein Unglauben und keine Gottesverachtung herrscht. Der Formengeist, der
allen Semiten eigen ist, klebt auch den Abessiniern an, jene
Wichtigmachung von Gebraeuchen und aeussern Werken, die Unterscheidung
zwischen Rein und Unrein, die Beschneidung, das Haengen am Buchstaben. Fuer
das Hauptuebel Abessiniens aber erklaert Munzinger den Stolz, der, von dem
kleinsten Erfolg aufgeblasen, sich ueberheilig und ueberweise waehnt und nur
ungern von Fremden sich Raths erholt. Der Stolz, von dem kein Abessinier
frei ist und eigentlich kein Semite, hat eine andere gefaehrliche Seite;
der Messias ist ihm immer ebenso gut wie den Aposteln ein weltlicher Herr;
die Herrschsucht der Eingeborenen wird dem fremden Missionaer sehr
gefaehrlich, da sie ihn, ohne dass er es ahnt, in die Landespolitik
hineinzieht.
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Die _abessinische Zeitrechnung_ ist eine keineswegs christliche, da sie
von der Erschaffung der Welt und nicht von der Geburt Christi an rechnen.
Nach ihnen ist das Jahr 1868 das siebentausenddreihunderteinundsechzigste.
Der Jahresanfang faellt auf den 10. September. Sie theilen das Jahr in
zwoelf Monate von je dreissig Tagen und zur Ausgleichung fuegen sie denselben
am Jahresschluss noch einen verkrueppelten dreizehnten Monat bei, der in
drei Jahren fuenf, in dem vierten aber sechs Tage hat. Im gewoehnlichen
Leben und auch in ihren historischen Annalen werden die vier Jahre nach
den Namen der Evangelisten bezeichnet und zwar in folgender Reihe:
Johannes, Matthaeus, Marcus und Lucas, letzteres hat am Schluss den
eingeschalteten sechsten Tag des dreizehnten Monats. Es heisst oft in den
Landeschroniken schlechtweg: Dieses ereignete sich in dem Jahre des
Evangelisten Matthaeus oder Lucas u. s. w. Die Namen der dreizehn Monate
sind: Maskarem, Tekemt, Hedar, Tachsas, Ter, Jacatit, Magabit, Mijazia,
Ginbot, Sene, Hamle, Na
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