hrung ueblich, sodass der Ausdruck "die Kirche kuessen"
gleichbedeutend mit unserem "in die Kirche gehen" ist. Ueberhaupt werden
alle fuer heilig gehaltenen Gegenstaende, Kirchen, Kreuz, Bilder und Buecher
gekuesst. Die Eingetretenen setzen sich oder knieen auf den Boden hin. Durch
die offene Fluegelthuer erblickt man im zweiten Gemache den Tabot, um den
Priester in zerlumpten seidenen Kitteln umherstehen, jeder von ihnen haelt
eine brennende Wachskerze in der Hand, ausserdem Schelle und Rauchfass, die
sie beim Heulen der Psalmen schwingen. Zuweilen liest einer eine kurze
Phrase aus einem auf der Bundeslade liegenden Buche oder reicht den
Anwesenden das Kreuz zum Kuessen dar - von einer christlichen Erbauung
gewahrt man jedoch bei diesen keine Spur; sie plappern zwar fortwaehrend
mit den Lippen Gebete her, aber ihren Blicken nach zu urtheilen sind ihre
Gedanken bei ganz anderen Gegenstaenden.
[Illustration: Grundriss der Kirche Lalibela.
Nach E. Zander.]
Besser sind die Kirchen in den grossen Staedten beschaffen, namentlich zu
Gondar, wo es allein gegen fuenfzig giebt. Die groesste ist die
_Bada-Kirche_, welche Kaiser Tekla Haimanot um das Jahr 1775 erbauen liess.
Mit ihrem hohen konischen Dache ueberragt sie alle anderen Gebaeude der
Stadt und zeichnet sich ausserdem durch ein grosses griechisches Kreuz von
Messing auf dem Giebel aus. In ihr, sowie in anderen Kirchen Gondars zeigt
man mehrere etwa fuenf Fuss lange Kisten aus Sykomorenholz, welche ringsum
mit Heiligenbildern und auf dem Deckel mit der Figur eines in ein
Leichentuch gehuellten Menschen bemalt sind. Sie enthalten die Gebeine von
Personen, welche in ganz besonderem Ansehen standen. Diese muessen jedoch
erst herkoemmlicher Weise fuenfzig Jahre lang in der Erde geruht haben, ehe
sie zu der Ehre gelangen, auf diese Art aufbewahrt zu werden. Die uebrigen
Kirchen sind gewoehnlich von Bogengaengen umgeben, von denen aus mehrere
grosse Thueren in das Innere fuehren. Waende, Thueren und Querbalken des
Gebaeudes sind mit Malereien bedeckt und die innere Seite der Thuergesimse
mit kleinen Porzellanplatten ausgekleidet; Teppiche decken den Boden; doch
Lampen sind eine seltene Erscheinung.
Vorzueglich schoene und geschmackvolle Holzschnitzereien, die, was die
Arabesken betrifft, auch einem europaeischen Kuenstler Ehre machen wuerden,
enthaelt die _Kirche Lalibela_ zu Gondar, ein Bauwerk der Fuerstin Menene.
Ihr Grundriss ist rund, das Dach, wie allgemein uebli
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