kuerzerem Wege erreichen als von Kreuznach. Da
wir jedoch den kommenden Ereignissen in moeglichst unmittelbarer Naehe
folgen wollten, so waehlten wir ausserdem Avesnes als eine Art von
vorgeschobener Befehlsstelle der Obersten Heeresleitung. Dort trafen wir
am 19. Maerz mit dem groessten Teil des Generalstabes ein und befanden uns
damit in dem Mittelpunkte der Heeresgruppen- und Armee-Oberkommandos, die
bei den bevorstehenden Entscheidungskaempfen die Hauptrolle zu spielen
hatten.
Das Bild der Stadt wird aeusserlich beherrscht durch den maechtigen,
klotzigen Bau seiner alten Kirche. Teilweise verfallene oder nur in Teilen
noch vorhandene Befestigungsanlagen erinnern daran, dass Avesnes in
frueheren Zeiten eine kriegsgeschichtliche Rolle gespielt hatte. So weit
mir erinnerlich, hatten sich 1815 Teile der preussischen Armee nach der
Schlacht von Belle Alliance in den Besitz der damaligen Festung gesetzt
und waren dann in Richtung auf Paris weitergezogen. Vom Kriege 1870/71 war
die Gegend nicht betroffen worden.
Die Stadt, ganz in gruene Umgebung gebettet, ist ein stiller Landort. Durch
unsere Anwesenheit erhielt sie ein nur wenig lebhafteres Gepraege. Ich
selbst befand mich dort nach 47 Jahren wieder fuer laengere Zeit unter
franzoesischer Bevoelkerung. Die verschiedenen Strassentypen erschienen mir
gegen die Zeit von 1870/71 so unveraendert, dass ich den zeitlichen
Zwischenraum vergessen konnte. So sassen auch jetzt noch, wie damals, die
Einwohner vor ihren Tueren, die Maenner meist still in Schauen vertieft, die
Frauen lebhaft, die Unterhaltung beherrschend, die Kinder auf dem
Ballplatz bei frohem Spiel und Gesang, wie mitten im tiefsten Frieden.
Glueckliche Jugend!
Unser langes Verbleiben in Avesnes bestaetigte mir im uebrigen die
allgemeine Erfahrung, dass die franzoesische Bevoelkerung sich mit Wuerde in
das harte Schicksal fuegte, das die lange Dauer des Krieges ueber sie
verhaengt hatte. Wir waren nicht veranlasst, irgendwelche besondern
Massregeln fuer Aufrechterhaltung der Ordnung oder gar unsern Schutz zu
ergreifen, konnten uns vielmehr darauf beschraenken, die Ruhe fuer unsere
Arbeit sicherzustellen.
Seine Majestaet der Kaiser nahm in Avesnes nicht Unterkunft, sondern
verweilte waehrend der Zeit der folgenden grossen Ereignisse in seinem
Sonderzug. Dieser wurde je nach der Kriegslage verschoben. Der wochenlange
Aufenthalt in den engen Raeumen des Zuges mag als Beweis fuer die
Anspruchslosigkeit unseres
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