dem wuesten Treiben Einhalt zu
thun, ja sie geht mit schlechtem Beispiel voran. Da kann es denn, wo fuer
Aufklaerung und Schulen so gut wie gar nicht gesorgt wird, nicht Wunder
nehmen, dass unter diesen Christen die abenteuerlichsten Vorstellungen und
der seltsamste Aberglaube im Schwunge ist.
Nach den aberglaeubigen Ansichten der Abessinier hat jeder Moench, jeder
Einsiedler, jeder Zwerg die Faehigkeit, in die Zukunft schauen und
weissagen zu koennen. Geschriebene _Talismane_ werden unter die Saat
gemischt, damit sie gut keime, und kein Abessinier besteigt sein
Maulthier, ohne sich vorher mit einer solchen Papierruestung versehen zu
haben, die ihn angeblich stich- und kugelfest machen soll. Amulete spielen
derart eine grosse Rolle und schuetzen den Inhaber gegen jede vorhergesehene
oder unvorhergesehene Gefahr. Der _Tulsim_, ein Guertel, an dem kleine
Ledertaeschchen haengen, enthaelt diese schuetzenden Papierschnitzel, welche
Maenner, Weiber, Kinder tragen und die selbst der Koenig fuer unentbehrlich
haelt. Auch uebt der Einfluss des boesen Auges eine grosse Macht auf alle
Abessinier aus; boese Geister durchschwaermen nach ihrer Vorstellung die
Erde und das Wasser. Haeufig wendet man das _Besa_ oder Krankenopfer an,
indem man unter Singen und Schreien um das Lager des Patienten einen
Ochsen treibt und denselben dann vor dem Hause schlachtet. Kein Abessinier
wird an einem Sonnabend oder Sonntag eine Schlange zu toedten wagen, weil
an diesen Tagen jene Thiere als ein glueckverheissendes Omen erscheinen.
Uebereinstimmend mit den heidnischen Galla bringen die Christen im Juni
dem _Sar_ (boesen Geiste) Dankopfer dar, obgleich dieser Goetzendienst durch
Verordnungen aufs strengste untersagt ist. Drei Maenner und eine Frau, die
mit dem Boesen in Verbindung stehen, versammeln sich dann, um in einem
frisch ausgekehrten Hause die Ceremonie vorzunehmen; eine ingwerfarbige
Henne, eine roethliche Gais oder ein Ziegenbock mit weissem Halsringe werden
geopfert und das Blut der Thiere, mit Fett und Butter gemischt, waehrend
der Nacht auf einen engen Pfad gesprengt, damit alle Daruebergehenden das
Uebel des Kranken an sich nehmen, zu dessen Gunsten das Opfer dem Sar
dargebracht wurde.
Das Aechzen der Wassernixen hoert der aberglaeubige Abessinier in jedem
Wasserfall, und der Unglueckliche, welcher im ploetzlich angeschwollenen
Wildbache ertrinkt, wird als Speise der boesen Wassergeister angesehen.
Verschiedene Pflanzen und Kraeuter
|