t." Dann weiter: "Zur Erregung eines bessern
moralischen Gefuehls traegt gar nichts in ihrem Leben bei, und ich muss
durchaus dem beistimmen, was der Missionaer S. Gobat als das Resultat eines
beinahe einjaehrigen Aufenthalts in Gondar ueber den sittlichen Zustand
dieser Stadt ausspricht, naemlich: "Alle Abessinier, wenn sie keine
Regierungsgewalt zu fuerchten haben, treiben das Raeuberhandwerk. Ich kenne
die Abessinier zu gut, als dass ich einen grossen Werth auf ihre suessen Worte
legen sollte. Ich bin traurig und niedergeschlagen, weil es mir vorkommt,
als sei jeder Rettungsversuch vergeblich."" Rueppell fuehrt eine Menge diese
Aussprueche charakterisirende Einzelheiten an, welche allerdings schlagende
Illustrationen bilden; allen Staenden schreibt er gleich grosse Rohheit zu.
Auch die Traegheit der Abessinier ist unglaublich. Jeder Ackerbautreibende
bestellt nicht mehr Feld, als fuer den Bedarf seiner Familie noethig ist,
und an ein Aufspeichern von Vorraethen ist nicht zu denken. Jede Art von
Handarbeit halten sie fuer etwas Entehrendes, und daher kommt es denn, dass
fast die ganze Industrie des Landes in den Haenden der Muhamedaner und
Juden ist. Betrug im Handel, Verfaelschung der Waaren sind gang und gaebe.
Alledem gegenueber klingt als Lobrede, was Werner Munzinger, allerdings
einer der ersten Kenner des Landes und Volkes, sagt: "Ueber dieses Land
darf ich wohl reden, denn auch sein Mensch steht uns kaum so fern. Er
denkt, er traeumt, er liebt und hasst ja auch; er fuehlt wie wir, nur roher
und oft viel natuerlicher und freimuethiger. Soll denn das schwarze Gesicht
immer ein schwarzes Herz bergen? Auch dort findest du mitleidige Herzen!
Wenn der schneidende Abendwind dichte Nebel auf die Hochebene hinabregnet,
da kann der Wegfahrer getrost anklopfen und auch des erfrorenen Bettlers
harrt ein freundlicher Gruss, ein froehlich loderndes Feuer und ein warmes,
in Milch eingebrocktes Brot. Auch dort giebt es Ritter, Beschuetzer der
Frauen und Schwachen. Der Misshandelte findet seinen Advokaten. Auch
Freunde kannst du erwerben, wenn auch nicht schnell, die am Tage der
Gefahr dich beschirmen. Treue Liebe, glueckliche Gatten sind nicht selten,
und wie oft folgt die trauernde Gattin ihrem Herrn freiwillig in den
fruehen Tod! Du siehst in Hungersnoethen die Mutter mit hohlen Wangen, die
Kinder frisch und munter, denn das letzte Brot spart sie fuer ihre Lieben
auf. Unermuedet wacht die Gattin bei ihrem kranken Manne. Brave
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