solchen Brunnen von gleichfalls befruchtender Wirkung besitzt
die Heilige in den Baedern der Stadt Baden. Dies ist das Verenabad, das
von je her ein Freibad gewesen war, dessen sich Arme und Presthafte
unentgeltlich bedienen konnten. Vormals lag es unter offnem Himmel;
nunmehr hat es Einwandung und Bedachung; in seinem unmittelbar ueber der
Quelle gebauten Bassin finden gegen hundert geduldige Menschen zusammen
Platz, die aus allen Kantonen auf Staatskosten hieher geschickt werden.
Der heisse Sprudel tritt unmittelbar aus dem Boden ins Bassin durch eine
Oeffnung, welche das Verenenloch heisst. Daran steht eine Steinsaeule
errichtet mit der holzgeschnitzten bemalten Figur der Heiligen. Junge
Ehefrauen, die sich nach einem Erben sehnen, verschaffen sich hier des
Nachts, wenn das verbrauchte Wasser abgeflossen ist, durch den
Bademeister heimlich Zutritt; sie senken ein Bein in die Roehre hinab,
durch die der Sprudel emporwallt, lassen es recht durchwaermen und sind
der sicheren Hoffnung, dieses Verfahren helfe zur baldigen Erfuellung
ihrer muetterlichen Wuensche. Das Alter dieses Frauenbrauches erhellt aus
der 1578 zu Basel erschienenen, von Dr. Heinrich Pantaleon verfassten
"Wahrhaftigen und fleissigen Beschreibung der uralten Statt und
Graveschafft Baden, sampt ihren heilsamen warmen Wildbedern, so in dem
Ergoew gelegen"; hier heisst es auf S. 73: "Es ist aber hie ein
abergleubischer Won vorhanden. Dann es vermeinen hie jren vil, wann ein
unfruchtbare Fraw darinnen bade, vn ein fuoss in dz loch stosse, da dz
wasser herfuer quillet, es werde St. Verena bey Gott erwerben, dz sie
fruchtbar werde."--Dass dieser Wahn vormals ein weit verbreiteter
gewesen, lernt man aus Lynker, Hess. Sag. S. 17 kennen, wo es heisst vom
Teich der Frau Holle: "Frauen, die zu ihr in den Brunnen steigen, macht
sie gesund und fruchtbar, denn eben aus ihm kommen auch die neugebornen
Kinder." Diese muetterliche Goettin Holda gleicht also vollkommen der von
den Albanesen verehrten Geburtsgoettin Ora, einem Wuenschelweibe, vermoege
deren Macht das Kind genau in derjenigen Gestalt geboren wird, in der es
gewuenscht worden ist. Hahn, Griechisch-albanes. Maerch. 1, S. 37. Holda
huetet die Seelen der Ungebornen unter dem Spiegel der Brunnen, uebergiebt
sie als Froeschlein und Fischlein dem Seelenbringer Storch fuer die
gebaerenden Muetter, damit sie ins leibliche Dasein eingehen koennen, und
nimmt die unmuendig wieder Hinsterbenden abermals zu sich in die
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