as Landsmaennin
gewesen, sie hatte sich auch dem gleichen Geschaefte gewidmet, die
Haarpflege zu leiten und den Aussatz zu heilen; somit besass also einst
der Aargau zwei weibliche Schutzpatrone gleicher Art. Es widerstrebt nun
zwar unsern aesthetischen Begriffen geradezu, eine so widerwaertige
Krankheit, wie der Aussatz ist, der Pflege der Schoenheits- und
Liebesgoettin selbst zu unterstellen; das Alterthum aber, auch das
klassische, hatte Grund, hierin anders zu denken, und sprach sich
darueber eben so offenherzig aus, wie die Verenasage thut. Suidas, der
zum Namen Aphrodite bemerkt, dass die Roemer ihre Bildsaeule mit einem
Kamme in der Hand vorstellten, erzaehlt hiebei: Als einst die roemischen
Frauen die Kraetze befiel, mussten sie sich das Haar abschneiden und die
Kaemme wurden ihnen entbehrlich. Darauf flehten sie zur Aphrodite, ihnen
die Haare wieder wachsen zu lassen, und ehrten sie mit einer Bildsaeule,
die den Kamm trug.
Die landschaftlichen Gesundheitsregeln, mit welchen dieser Abschnitt
schliesst, zeigen nun die Verena zweifellos und wirklich in der ihr
beigeschriebenen Rolle: sie verleiht hier dem ihr folgsamen Maedchen das
schoene Haupthaar und zugleich den schoenen Schatz. Am 1. September, als
dem kirchlich gefeierten Verenentage, ist es in der Altgrafschaft Baden,
deren Gebiet von der Limmat zum Zurzacher Rhein reicht, durchgehends
katholische Sitte, die Kinder frisch zu kleiden, wie es sonst nur um
Neujahr oder Ostern geschieht. Damit glaubt man die Kleinen auf ein
neues vor Krankheit geschuetzt zu haben. Am gleichen Tage ist es in jener
Landschaft Hausbrauch, dass die Mutter an allen Koepfen ihrer Kinder eine
gruendliche Waesche abhaelt, dem juengsten Maedchen wird der erste Zopf
geflochten; das behuetet vor Kopfweh und giebt einen feinen Haarwuchs.
Haelt sich das Kind widerwillig unter dem Kamme, so gilt folgender Reim:
Chind, bis ietz still und fin,
oder es chunnt Frau Vrin,
die het ne grosse Striegel
und zert di kech am Riegel.
Der Riegel bezeichnet in der Mundart den Haarbueschel. Die Frau Vrin ist
also hier eine Drohgestalt, wie in Schoeppners Bair. Sagenb. no. 1282 die
lange Agnes, welche die Leute am Bache mit Buerste und Stahlkamm
behandelt, bis Haut und Haar abgeht. Man macht dem kleinen Maedchen dabei
weis, der neue scharfe Kamm und ein dreimaliges Abwaschen des Kopfes sei
nothwendig, wenn dereinst ein eben so saubrer Liebhaber sich anmelden
solle, und hiefuer hat man
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