isst du, dass Fraeulein Vernagelding mit ihrer Mutter
in das Konzert gehen wird? Ich habe bisher nicht gedacht, dass ich neidisch
bin, aber: ich glaube wirklich, in diesem Fall bin ich es! Denke dir,
das junge Gaenschen, das nicht hoert, was recht und was falsch klingt,
soll diesen Kunstgenuss haben, und unsereines bleibt ausgeschlossen. Und
warum geht sie hin? Weil Mama sagt: Bei solch hohem Eintrittspreis sei
man sicher, nur die vornehmste Gesellschaft zu treffen! Und da soll man
nicht bitter werden!"
"Bitter?" wiederholte Frau Pfaeffling, "du und bitter? Das ist gar nicht
zusammen zu denken."
Sie waren allein miteinander im Musikzimmer.
Frau Pfaeffling sprach noch manches gute, beruhigende Wort, so lange bis
Elschen als schuechterner Bote eintrat und fragte, wann denn heute zu
Mittag gegessen wuerde? Mit dem schlechten Gewissen einer saeumigen
Hausfrau folgte die Mutter augenblicklich der Mahnung. Herr Pfaeffling
sah ihr nach; von Erbitterung war nichts mehr auf seinen Zuegen zu lesen,
aber er sagte vor sich hin: "Das gibt eine oede Zeit, wenn sie fuer vier
Wochen verreist, ich wollte, es waere schon ueberstanden."
Im Zentralhotel herrschte an diesem Tag Leben und Bewegung. Alle Zimmer
waren besetzt, Kunstverstaendige waren von nah und fern herbei geeilt,
alte Bekannte, neue Groessen suchten das Kuenstlerpaar auf und das
Kuenstlerkind wurde liebkost, mit Bonbons ueberschuettet, aber dennoch
langweilte es sich heute und war verstimmt. Dem Fraeulein, das fuer den
kleinen Kuenstler zu sorgen hatte und ihn an Konzerttagen bei guter Laune
erhalten sollte, wollte es heute nicht gelingen.
Am Nachmittag liess die junge Mutter Herrn Meier zu sich bitten. Viele
Fremde der Stadt haetten ihn wohl beneidet um diese Audienz bei der
Kuenstlerin, um die Gelegenheit, die auch beim Sprechen so liebliche
Stimme der Saengerin zu hoeren und ihre anmutige Erscheinung zu sehen.
"Ich bin in Verzweiflung," sagte sie, "unser Edmund ist heute gar nicht
in Stimmung, und es wird mir so bang vor dem Abend. Denken Sie nur, wenn
das Kind sich weigern sollte, zu spielen, wenn es versagen wuerde in dem
Augenblick, wo alle auf ihn blicken? Er war noch nie so verstimmt, sein
Fraeulein ist selbst ganz nervoes von der Anstrengung, ihn aufzuheitern.
Nun moechte ich Sie bitten, dass Sie mir ein paar muntere Kinder
verschaffen, Knaben oder Maedchen, die mit ihm spielen und ihn
zerstreuen, bis es Zeit wird, ihn anzukleiden. Bitte, bitte, sorgen Sie
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