und Belehrung von ihr zu erhalten! Warum hat nun der
Dichter also hier die Natur warnend und mahnend eingefuehrt? Offenbar,
weil er sich im Widerspruch zu der Ueberlieferung der Sage fuehlt. Darum
will er uns ahnen lassen und moechte auch seinen Helden ahnen lassen:
durch Magie nicht zur Natur, allein durch die Natur! Der Mensch des 18.
Jahrhunderts, der Zeitgenosse Rousseaus, dessen ganzes jugendliches
Streben nach der Natur gerichtet war, tritt hier in Widerstreit mit dem
duesteren Aberglauben einer vergangenen, aber immer noch nachwirkenden
Zeit. Daher durchbricht er, nachdem er sich im Eingang im grossen Ganzen
an die Sage gehalten hatte, weil sie ihm Beziehungen zu seinem Leben
bot, fuer einen Augenblick die den modernen Dichter beengenden Schranken
der alten Sage, und um so maechtiger ergiesst sich der Strom seiner
eigensten Empfindung dahin. Der Zusammenhang zwischen den beiden ersten
Teilen des Monologs ist also voellig klar und widerspruchslos. Ja, der
scheinbare Widerspruch ist grade ein Beweis fuer die Einheit im Geiste
des Dichters, aus der sie entsprungen sind. Er beruht nicht auf einem
Gegensatze zwischen den beiden Teilen, sondern auf dem eigentuemlichen
Verhaeltnisse, das der moderne Dichter zu der alten Sage einnimmt; es ist
dies gerade beim Faust der wichtigste Grund geworden, weshalb er nach
dem Jahre 1775 die Arbeit so lange ruhen liess. Dieser innere Widerspruch
zwischen Sage und Dichter muss daher wohl beachtet werden; er ist stets
fruchtbar zu machen, wenn wir das Werk eines Dichters betrachten, der
eine alte Sage, deren im Lauf der Jahrhunderte fest gewordene Form er
nicht voellig zerschlagen darf, ohne damit zugleich ihren eigentlichen
Gehalt zu verfluechtigen, zum Stoff seiner Dichtung gewaehlt hat. Unter
demselben Gesichtspunkt sind Homers Epen, unter demselben das
Nibelungenlied zu betrachten; wer ihn nicht beachtet, wird dazu kommen
gerade, was dem neuen Dichter gehoert, im Gegensatz zu den unzerstoerbaren
Bestandteilen der Sage als spaetere Zusaetze und Einschiebsel
anzusehen.[31]
Auch mit dem dritten Teile des Monologs besteht, wie schon angedeutet,
durchaus kein unloesbarer Widerspruch. Der Dichter laesst das angeschlagene
Motiv fallen; man saehe nicht, warum, meint Scherer.[32] Er muss es fallen
lassen. Faust flieht nicht hinaus zur Natur, sondern wendet sich, ganz
im Charakter der Sage, dem Zauberbuche zu. Warum laesst der Dichter Faust
nicht fliehen? Liess er das geschehen, so zerschl
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