n, wie es das Wesen des Geistes
offenbart, zu dauernder, zielbewusster Thaetigkeit zu steigern sei. Sein
Streben ist titanisch, aber seine Kraft nicht die des Prometheus! Sein
Geist hat sich noch nicht, wie Goethe es spaeter nannte, zur Entelechie
entwickelt. Er gleicht nur seinem Geiste, nicht dem Erdgeiste. Denn um
ihn zu erkennen, muesste er er selbst sein[148]. Der Erdgeist
verschwindet, sobald Faust ihre Verschiedenheit ausgesprochen hat.
Es bleiben nur noch eine Reihe wichtiger Fragen zu beantworten, die in
sich zusammenhaengen: Worin liegt es begruendet, dass Faust sich zunaechst
an die Geister des Makrokosmos und der Erde wendet? Bietet uns das
innere Leben des Dichters dafuer einen Anhalt? In welchem Verhaeltnis
steht der Geist des Alls zu dem der Erde? Der Faust der Sage uebergibt
sich dem Teufel, der des Dichters erhebt sich zu den Geistern, dem
Goettlichen. Diese Erhebung, die Sehnsucht, sich dem Goettlichen
unmittelbar zu naehern, ist einer der bemerkenswertesten Zuege in der
Entwickelung des jungen Goethe. Er bedeutet in dem Gesamtbilde seines
Lebens eben nichts anderes als den Drang, die innewohnende Faehigkeit,
die er in dunklen Ahnungen in sich fuehlte, auf das Hoechste zu steigern
und auszubilden[149]. Schon fruehe finden wir ihn in dem jungen Goethe
ausgepraegt. Bekannt ist die Erzaehlung am Ende des ersten Buches von
Dichtung und Wahrheit, wie der Knabe sich der Gottheit unmittelbar zu
naehern gesucht. Die ueblen Folgen dieses Versuches konnten ihm damals
schon andeuten, wie gefaehrlich es ueberhaupt sei, sich Gott auf
dergleichen Wegen naehern zu wollen. In der seltsamen Weltanschauung, die
er sich in seiner alchemistischen Epoche bildete, ist es Lucifer, der
durch seinen Abfall von Gott den Geistern die suesse Erhebung zu ihrem
Ursprung verkuemmert. Dieses Streben, sich zu Gott zu erheben, offenbart
sich in dem Dichter in der verschiedensten Weise, als titanischer Drang,
Gott gleich zu schaffen und Schaffenslust zu geniessen, aus dem
schaeumenden Becher des Unendlichen zu trinken, dann wieder als
sehnsuechtige Liebe zu dem allliebenden Vater. Es ist die Religion des
Dichters.
"In unsers Busens Reine wogt ein Streben,
Sich einem Hoehern, Reinem, Unbekannten
Aus Dankbarkeit freiwillig hin zu geben,
Entraetselnd sich den ewig Ungenannten;
Wir heissens: fromm sein"[150].
dichtet er spaeter. In diesem Unendlichkeitsstreben macht sich aber das
Gefuehl der Beschraenkung geltend.
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