hoepfe
gerissen[218]; in Werthers Leiden heisst es einmal: "Ein unertraeglicher
Mensch hat mich unterbrochen. Meine Thraenen sind getrocknet. Ich bin
zerstreut"[219].
Faust wendet sich unwillig ab, als Wagner eintritt; dieser bittet um
Verzeihung und erklaert zugleich den Grund seines Kommens. Die
Gefuehlsausbrueche seines Herrn hat er fuer Deklamation gehalten![220] Um
ja nichts zu versaeumen, wo er etwas bei seinem Professor profitieren
koennte, kommt er sogar in tiefer Nacht zu ihm. Handelt es sich doch auch
um eine Kunst, die gerade jetzt, wie er behauptet, an der Tagesordnung
und darum von besonderer Wirkung sei. Damit ist das Thema des ersten
Teils dieser Scene angeschlagen. Es ist der Streit gegen die aeussere Form
und zwar insbesondere auf dem Gebiet der Rede. Wie soll man, so fragt
sich Wagner, zumal wenn man der Welt fast ganz entfremdet ist, sie zu
dem Guten ueberreden? Er glaubt, das durch die aeussere Form des Vortrags
erreichen zu koennen. Da bricht denn Faust gewaltig los. Auch die Form
muss gefuehlt sein; das Gefuehl des Redners muss ihn mit seinem Zuhoerer
verbinden; er muss ein Gefuehl dafuer haben, was er ihm zu sagen hat.
"Deswegen gibts doch eine Form", schreibt Goethe im Anhang zu Wagners
Mercier[221], "die sich von jener--es war dort die Rede von der aeusseren
theatralischen Form--unterscheidet, wie der innere Sinn vom aeussern, die
nicht mit Haenden gegriffen, die gefuehlt sein will. Unser Kopf muss
uebersehen, was ein anderer Kopf fassen kann, unser Herz muss empfinden,
was ein anderes fuellen mag." Innere Form[222] nennt er sie im Gegensatz
zu jener aeusserlichen, nach der Wagner verlangt. Nicht nur der Gehalt,
auch Form muss aus dem Innern geholt werden; um auf den Menschen zu
wirken, muss gerade der Inhalt der Gefuehle schon im Innern so geformt
werden, dass er dem Gefuehl derer entspreche, auf die eingewirkt werden
soll. "_Gehalt bringt die Form mit_"[223]. Weil aber bereits im Inneren
mit den Gefuehlen, um ihnen wirkende Kraft zu verleihen, eine Art
kuenstlerischer Umformung vorgehen muss, darum erklaert er a.a.O. S. 687:
"Jede Form, auch die gefuehlteste, hat etwas Unwahres, allein sie ist ein
fuer allemal das Glas, wodurch wir die heiligen Strahlen der verbreiteten
Natur an das Herz des Menschen zum Feuerblick sammeln. Aber das Glas!
_Wems nicht gegeben wird, wirds nicht erjagen_, es ist wie der
geheimnisvolle Stein der Alchimisten Gefaess und Materie Feuer und
Kuehlbad." Aus dem Herzen
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