1772 und die daraus erwachsenen neuen Beziehungen eine
reichere Fuelle von Stoff als ihm zugleich auf einer weniger hohen
Entwicklungsstufe seine Studentenjahre haetten bieten koennen. Darum
stehen auch Wagner- und Schuelerscene innerlich in engstem Zusammenhang.
In beiden wird gegen die beschraenkte Schulweisheit und ihre starre
Methode, die allem wahren Leben feind sind,[423] angekaempft; in der
einen ist es Faust selbst, der mit heftigem, aber edlem Unwillen gegen
jene geistlose Auffassung der Wissenschaft loszieht; in der andren der
Teufel. Da herrscht natuerlich ein andrer Ton; der Schalk ists, der in
lustiger Maskerade, erst mit derbem, dann mit feinem Scherze, den
Professor des 18. Jahrhunderts durch den Ton und Inhalt seiner Worte
aufs ergoetzlichste verhoehnt. Erst zuletzt wird auch dem Teufel sein
Recht. Die Maske faellt, der Versucher steht da. Natuerlich ist nicht an
eine Verhoehnung Fausts zu denken, weil er ja auch Professor ist[424].
Denn ueber seinen Standpunkt sind wir ja durch die unmittelbar
vorhergehende Wagnerscene voellig im klaren.
Die beiden Scenen sind also die wichtigsten Bruchstuecke der akademischen
Satire, der urspruenglich, da durch sie der Hintergrund zu Fausts Streben
gegeben war, ein breiterer Raum und eine groessere Bedeutung zugedacht war
wie in der spaeteren Ausfuehrung.
Endlich haette schon die Thatsache, dass Mephistopheles in unserer Scene
auftritt, davor warnen muessen, sie einer allzufruehen Zeit zuzuweisen.
Wie ausgezeichnet ist er gleich hier bei seinem ersten Auftreten
charakterisiert! Scherz und Ironie sind seine Waffen; ueberlegener
Verstand ist ihm gegeben, mit dem er die menschlichen Verkehrtheiten
durchschaut und von Verachtung des Menschen erfuellt, nur das Schlechte
in ihm aufregt, um ihn zu seinen Zwecken zu benutzen. Wie ganz und gar
haelt sich dabei der Weltkluge in der Sphaere der Wirklichkeit! Welch ein
Gegensatz zu Fausts maechtigem Gefuehl, das alle menschliche Beschraenkung
zu durchbrechen sucht. Voellig klar ist ausserdem schon hier
ausgesprochen, was der Teufel will. Der Schluss der Schuelerscene, wo er
die Maske fuer uns ablegt, gibt uns einen Anhalt dafuer, wie er zu Faust
gesprochen haette, wenn eine solche Scene im aeltesten Faust ausgefuehrt
worden waere. Seine Forderung heisst: hinaus ins Leben! allerdings zu
einem Leben in des Teufels Sinne, das den Menschen ins Verderben bringe;
allein der Boden, auf den ihn der Teufel weist, ist doch derselbe, auf
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