weiterer Unterschied ist: wir bewegen uns hier wieder voellig auf dem
Boden der Sage, aber der Dichter hat es dabei nicht noetig gehabt, seinem
modernen Empfinden Zugestaendnisse zu machen. Faust mit seinen
teuflischen Kunststuecken, der Ort der Handlung, der Verkehr mit
Studenten, der Fassritt, alles zusammen gehoert der Ueberlieferung an. Aus
diesen ueberlieferten Elementen hat der Dichter eine ganz eigenartige
Scene geschaffen; vielleicht hat auch eine Fassung des Volksschauspiels
bereits eine Auerbachscene erhalten,[427] die dann den unmittelbaren
Anstoss zu der unseren gegeben haette. Sie gewaehrt also ein in jeder
Beziehung von den uebrigen verschiedenes Bild; die erste Hauptmasse ist
mehr lyrisch gehalten; die beiden folgenden Scenen sind
polemisch-didaktisch, diese ist dramatisch, wie die Scenen des Goetz, im
Geiste Shakespeares. Der Anfang ist in Versen; aber eigentuemlicher
Weise, sobald es nicht mehr die Empfindung ist, die sich im wechselnden
Rythmus zum Ausdruck bringt, nicht mehr satirische Polemik, die das Mass
der Fastnachtsspiele annimmt, sobald das dramatische Element zum
Durchbruch kommt, da tritt nach den ersten wenigen Versen wie von selbst
die Prosa hervor, in die sich im Anfang der Frankfurter Zeit der Goetz
gekleidet hatte, an ihrem Ende der Egmont kleiden sollte. Dieser
Uebergang aus dem Reimvers in die Prosa ist auch deshalb von Bedeutung,
weil wir wohl daraus den Schluss ziehen duerfen, die Auerbachscene sei die
erste der Prosascenen im Faust. Denn waere schon eine solche
niedergeschrieben gewesen, so haette Goethe wohl nicht erst den Versuch
gemacht, eine dramatisch so bewegte Scene in Verse zu fassen.
Wir treten mit ihr zugleich in eine neue Sphaere des Dramas; denn wir
treffen hier Faust auf der ersten Station seiner Weltfahrt, die er mit
Mephistopheles unternimmt. Der Faden der Handlung ist also auch hier
weitergesponnen. Mephistopheles hat, wie wir es schon in der
Schuelerscene aus seinem Verhalten zu dem Studenten entnehmen duerfen,
Faust nach dem Scheitern aller seiner hohen Plaene aufgefordert, sich mit
ihm in die Welt, in das Leben zu begeben. Die Welt, in die er ihn zuerst
fuehrt, ist die, die der junge Dichter aus eigener Erfahrung kannte:
zunaechst die kleine des studentischen Treibens. Von seinem spaeteren
Standpunkt aus hat er darum nicht mit Unrecht, jene Sphaere, in die er
seinen Helden versetzt hatte, eine kuemmerliche genannt.
Nach dem ganzen Inhalt der Scene werden wir bei
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