66]! Nicht mit den
Goettern solle sich der Mensch messen; denn hebt er sich aufwaerts, dann
haften nirgends die unsicheren Sohlen; auf der wohlgegruendeten,
dauernden Erde stehe er mit festen markigen Knochen, ohne sich indes
auch hier zu ueberheben[167]. Halber Trotz spricht dagegen noch aus dem
Gedichte Menschengefuehl[168] und in noch herberen Worten drueckt sich
endlich Faust selbst aus:
Das Drueben kann mich wenig kuemmern;
* * *
Aus dieser Erde quillen meine Freuden,
Und diese Sonne scheinet meinen Leiden[169];
und vor allem am Ende des zweiten Teils:
Nach drueben ist die Aussicht uns verrannt;
Thor, wer dorthin die Augen blinzend richtet,
Sich ueber Wolken seinesgleichen dichtet!
Er stehe fest und sehe hier sich um;
Dem Tuechtigen ist diese Welt nicht stumm.
Was braucht er in die Ewigkeit zu schweifen![170]
Man sieht, wie mannigfach dasselbe Thema angeschlagen wird; aber ueberall
hoeren wir hindurch: Halte dich zunaechst an das irdische Leben; hier ist
der Boden, auf dem der Mensch wurzelt; nicht aber verlange er mit
Ueberspringung dieses Lebens nach einem, das ihm hier noch nicht gegeben
ist. Diese Erkenntnis praegt sich auch im aeltesten Faust aus, wenn sich
Faust unwillig vom Zeichen des Weltgeistes ab und dem Geist der Erde
zuwendet. Aber er wird von ihm verschmaeht, da er sich ihm zu einer Zeit
gleichsetzt, wo er sein Wesen noch nicht voellig d.h. innerhalb den
Grenzen seiner menschlichen Natur erlebt hatte. Von hier aus haben wir
zum ersten Mal einen Ausblick, in welcher Weise sich das Faustproblem
weiter bilden musste. Faust musste hinaus in das Leben, um es in jedem,
also auch im hoechsten Sinne zu erleben. Dazu sollte und musste dann der
Teufel selbst schliesslich sehr gegen seinen Willen beitragen. Er war es
grade, der ihn mit sich fortriss auf den ihm noch fremden Boden des
Lebens, im Wahne, ihn dort verderben und in seine Gewalt bringen zu
koennen:
Ich macht ihm deutlich, dass das Leben
Zum Leben eigentlich gegeben.
* * *
So lang man lebt, sei man lebendig![171]
Allein wenn auch Faust sich zunaechst in schwerer Schuld verstrickte, so
gewann er doch wieder im Leben, wo er sie allein gewinnen konnte, die
Kraft zu einem hoeheren Leben. Aus der kummervollen Sphaere des ersten
Teils, aehnlich der, die der junge Dichter selbst durchlebt, erhob er
sich zu hoeheren Regionen in wuerdigere Verhaeltnisse[17
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