chpruefung beduerfe. Man hatte ohne
weiteres eine anderswo beliebte, schon an und fuer sich bedenkliche
Methode auf den Faust angewandt und mit ihr, sehr wenig im Geiste des
Dichters, dem ein Zerteilen und Zerstueckeln ganz und gar nicht gemaess
war, sein Werk, das ja allerdings mit doppelter Unterbrechung zu
verschiedenen Zeiten begonnen, weitergefuehrt und vollendet worden ist,
noch ausserdem in verschiedene, angeblich nicht zusammengehoerige Teile
zerrissen. Die ganze Einseitigkeit dieses Verfahrens offenbart sich
besonders in der Art, wie z.B. Scherer den Eingangsmonolog zerpflueckt.
Wir sind nun belehrt, dass wir ein Gedicht noch von anderen
Gesichtspunkten aus betrachten muessen als den aeusserlichen des Stils und
des Metrums, dass wir tiefer und liebevoller in den Gedankengang des
Dichters eindringen muessen und nicht sofort, wenn uns das Verstaendnis
einer Stelle oder des Zusammenhangs nicht klar entgegentritt, es dem
Dichter zurechnen und Widersprueche, aufgegebene Plaene u.a.m. annehmen
duerfen. Erst durch tiefes Eindringen in das Kunstwerk ist aus ihm selbst
die Methode seiner Betrachtung und Erklaerung zu gewinnen: es ist
verfehlt, irgend eine anderswo zu entnehmen und sie, ohne die Eigenart
des Werkes zu beachten, darauf zu uebertragen.
Im folgenden soll der Versuch gemacht werden, den aeltesten Faust auf
seinen Gedankengehalt zu pruefen, ihn mit den uebrigen Werken des Dichters
und sonstigen Aeusserungen seines Geistes aus jenen Jahren in Verbindung
zu setzen und so einen Ueberblick ueber die geistige Entwicklung des
jungen Goethe zu gewinnen.
Von hier aus wird sich denn die Moeglichkeit ergeben, die Entstehungszeit
der einzelnen Scenen naeher zu bestimmen, vor allem aber hineinzublicken
in das schoepferische Innere des Dichters, um ihn bei dem Schaffen seiner
Gestalten zu belauschen. Was soll es dagegen viel helfen, wie man es
gethan hat, einen Haufen Parallelstellen aus seinen und seiner
Zeitgenossen Werken hinzuschuetten und nur aus dem rohen Gleichklang der
Worte, der Aehnlichkeit der Bilder, die Gleichzeitigkeit von einzelnen
Scenen mit jenen zu beweisen? Eine Geschichte des Geistes des Dichters,
seiner inneren Entwicklung muss versucht, seine Beruehrungen und seine
Verwandtschaft mit den Geistern seiner Zeit aufgedeckt, die Gedanken des
Dichters in ihrer Zugehoerigkeit zu seinen und seiner Zeit
Gedankenkreisen betrachtet werden. Das Gewebe darf nicht zerrissen,
vielmehr muss seinem inneren Zusam
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