hriften, die, im J. 1773 erschienen, zugleich den Abschluss einer
religioesen Epoche Goethes bedeuten. Nicht ohne Bedeutung aber fuer die
Zeitbestimmung--darauf mag schon hier im Zusammenhang hingewiesen
werden--ist das "leider" auch die Theologie. Denn erst im Jahre 1773
wandte sich der junge Goethe entschieden von den rechtglaeubigen, durch
seine Beziehungen zu der Bruedergemeinde genaehrten Anschauungen ab.
Spinoza begann zu wirken (s. den Brief an Hoepfner vom 7. Mai 1773[8]).
Das Fragment Mahomet[9] zeigt zuerst den pantheistischen Einfluss. Die
satirischen Dramen der lebensfreudigen Jahre 1773 und 1774 beweisen
durch ihren Spott die Aenderung, die in seinen Ansichten eingetreten war.
Sein lebensfroher Pelagianismus, der mehr und mehr nach der duesteren
Leidenszeit der zweiten Haelfte des Jahres 1772 in ihm erstarkt war,
schuettelte unwillig die Fesseln des alten Glaubens ab. In prometheischem
Uebermut stellte er sich als selbstaendig der Gottheit gegenueber. In einer
solchen Zeit kam ihm das "leider" aus vollem Herzen, wenn er auf fruehere
Bestrebungen und Meinungen zurueckschaute.
Dass Faust ueberhaupt aber seine Studien als einen auf ihm lastenden Druck
empfindet, dessen er nur seufzend gedenken mag, passt weniger fuer den
Gelehrten des 16. als fuer den Menschen des 18. Jahrhunderts, der sich
grade von jener unfruchtbaren, starren, kleinlich polyhistorischen
Gelehrsamkeit mehr und mehr zu befreien strebte[10]. Auch er hatte
sich, wie der Dichter spaeter erklaert, in allem Wissen herumgetrieben und
war frueh genug auf die Eitelkeit desselben hingewiesen worden.[11] Doch
bewahrte ihn sein Lebensgang in der Jugend davor, allzusehr mit der
Schulweisheit seiner Zeit in Beruehrung zu kommen, sodass er etwa ihren
lebenhemmenden Einfluss so empfunden haette, wie z.B. Lessing und
Herder. Der junge Lessing musste sich erst durch den Wust der
Excerptengelehrsamkeit und Collektaneenweisheit durcharbeiten zu der
Erkenntnis, dass ihn die Buecher wohl gelehrt aber nimmermehr zu einem
Menschen machen wuerden; und so ward aus dem Theologus ein Weltmensch,
wie einst Dr. Faust. Herder aber trieb es gar hinaus aus der engen,
eingeschraenkten Sphaere in die Welt, das Leben. Wie beweglich klagt er im
Journal seiner Reise vom Jahre 1769 ueber die verlorenen Jahre: "Ich waere
nicht ein Tintenfass von gelehrter Schriftstellerei, nicht ein Woerterbuch
von Kuensten und Wissenschaften geworden, die ich nicht gesehen habe und
nicht verstehe
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