Barthel fuhr mit der Hand
nach den Augenwinkeln.
"Sehen Sie, meine Herr'n, meiner Alten geht es auch nahe. Eine Zeitlang -
ich kann das wohl jetzt ruhig sagen - is sie wegen Fraeul'n Hanne und mir
eifersuechtig gewesen. Aber es war bloss blinder Laerm; ich weiss doch, was
ich mir schuldig bin!"
Wieder eine Unterbrechung. Zwei Herren und eine Dame hielten sich das
Taschentuch vor den Mund.
"Sehen Sie, meine Damens und Herr'n, mit einem Hausvater, wie ich, ist das
ein reines Elend, obwohl es mir gut geht. Denn sehen Sie, die Leute, die
hierherkommen, verstehen alle rein gar nichts, und die meisten sind sehr
faul und haben das Arbeiten nich gelernt. Ich muss sie erst alle muehsam
zurechtstutzen. Und wenn man dann mal so 'ne Perle bekommt wie die Hanne,
die so famos Butter machen kann, und sie zieht wieder fort, dann ..."
Mit Barthels Fassung war es aus. Er weinte in sein rot gebluemtes
Taschentuch und konnte schliesslich nur noch sagen:
"Nun trinken wir halt auf Fraeul'n Hannes ihre Gesundheit!"
Das Maedchen war sehr bewegt. Es wurden noch einige kurze Ansprachen von
Gaesten gehalten, die Hanne feierten und in denen auch Vater Barthel
unmaessig viel Weihrauch gestreut wurde, und schliesslich musste Hanne singen.
Sie war ruhiger geworden, stimmte ihre Laute und sang mit ihrer zarten,
lieblichen Stimme das Lied, das aller Abschiedslieder Krone ist und
bleiben wird:
"Morgen muss ich fort von hier
Und muss Abschied nehmen -"
Waehrend des Liedes oeffnete sich leise die Tuer. Der lange Ignaz schlich
sich herein, lehnte den Kopf an die Wand und presste die Haende an die weisse
Mauer.
Die Lampe flackerte; die Spaetherbstrosen bluehten auf dem Tisch.
Als Eva das Lied beendet hatte, stuerzte ploetzlich einer vor, warf sich dem
Maedchen zu Fuessen und rief:
"Gehen Sie nicht fort - gehen Sie nicht fort, Fraeulein Hanne; ich muss
sonst sterben!"
Es war Piesecke. Und da sah ich auch schon, wie sich der lange Ignaz
umdrehte, wie ein wilder, giftiger Blick ueber Piesecke und das erschreckte
Maedchen hinfuhr, und im naechsten Augenblick hatte Ignaz den zarten
Piesecke erfasst, schleuderte ihn sich wie einen Sack ueber die Schulter und
verschwand mit ihm durch die Tuer.
"Dass kein Unglueck geschieht!" rief ich und eilte nach. In aufgeschreckter
Unordnung draengte alles nach dem Hofe. Dort hatte der starke Ignaz den
zappelnden Piesecke bereits mit gewaltiger Wucht auf den grossen
Duengerhaufen geworfen.
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