raphiert wird bei uns viel. Bei der Arbeit, vor dem Bauernhaus, beim
Feldfeuerchen, bei irgendeinem Ulk, beim Waldfest, beim Kirchgang, bei
tausend anderen Gelegenheiten wird von unseren Kurgaesten photographiert.
Und jeder, der auf einem Bilde freiwillig oder unfreiwillig mit
aufgenommen ist, bekommt einen Abzug in sein Album geklebt.
Eva bekam ein Album in vier Baenden. Sie war sehr lange bei uns, und es
hatten gar zu viele Amateure nachgesucht, wenigstens eine ihrer Aufnahmen
in Evas Album zu bringen. Methusalem hatte einige reizende
Bleistiftskizzen beigesteuert. Die letzte war ein Stimmungsbild von der
Landstrasse, die unten am Zeughaus vorbeifuehrt, zeigte einen im Abendschein
entschwindenden Wagen und hatte die Unterschrift:
"Die Sonne geht unter."
Auch du, mein Sohn Brutus? - Es fiel mir auf, wie lustig Methusalem sein
wollte, wie zerstreut er war, wie gemacht heute sein Lachen klang. -
Eva sass im Scheine der grossen Haengelampe und durchblaetterte das Album. Sie
sagte nicht viel, aber mit einem Male rannen grosse Traenen ueber ihre
Wangen. Dann wischte sie sich energisch das Gesicht ab und sagte:
"Nein, ich darf mich wohl nicht allzusehr unterkriegen lassen. Aber diese
Buecher sind herrlich. Sie werden mein liebstes Besitztum sein. Alle, alle
sind drin - nur einer fehlt. Ignaz, warum sind Sie nicht auf einem
einzigen Bilde? Mir ist das aufgefallen."
Ignaz, der am Ofen lehnte, wandte sich weg und drueckte die Wange gegen die
Kacheln des Ofens. "So ein ekliger Kerl, wie ich, ist nicht fuer Bilder",
sagte er mit seiner knurrenden Stimme. Aber es klang wie ein Schluchzen
darin.
"Es tut mir leid, Ignaz", sagte Eva freundlich; "Sie waren gut und treu zu
mir!"
Da ging der Knecht stumm zur Tuer hinaus. Ich sah, wie der Kurgast
"Steiner", von dem ich nun wusste, dass er ein Detektiv war, dem langen
Ignaz mit einem messerscharfen Blick nachschaute.
Barthel hatte zu Ehren des Abends ein Faesschen Moselwein angezapft und
hielt eine Rede:
"Meine Damens und Herr'n! Der heutige Abend is nich so wie sonst, sondern
anders. Es is ein ernster Abend, weil Fraeul'n Hanne fortzieht, und deshalb
hab ich Sie zu einem Glaeschen Wein eingeladen, und ich wuensche, dass er
Ihnen allen recht wohl bekommen moege. Wir sind alle sehr traurig; denn wir
verlieren Fraeul'n Hanne sehr, sehr ungern."
Der Redner wurde unterbrochen. Frau Susanne weinte und prustete so heftig,
dass sie sich zur Tuer hinaus retten musste. Auch
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