"Mit Ihnen war es alle, mein Lieber, als Sie zu uns kamen. Inzwischen
haben Sie sich aber bei uns einen ganz netten Fonds neuer Lebenskraft
gesammelt."
Er schuettelte trostlos den Kopf.
"Wohl bin ich gesundheitlich vorwaerts gekommen; aber das nuetzt mir alles
nichts mehr - ich muss sterben. Es gibt Dinge, die ein Mensch nicht
verwinden kann."
Ich stand auf.
"Entschuldigen Sie, Piesecke, aber das Mittagessen wartet auf mich. Ich
hab Hunger. Wenn Sie also aus dem Leben scheiden wollen, gehaben Sie sich
wohl! Es freut mich, Sie mal kennengelernt zu haben. Mahlzeit!"
Da fasste ihn der Zorn.
"O nein, Herr Doktor, so entkommen Sie mir nicht! So mit einfach
'Mahlzeit', wenn es um mein Leben geht! Ich bin nicht mehr der willenlose
Mensch, der ich im Mai war. Ich wehre mich meiner Haut. Und da muss ich
Ihnen sagen, dass Ihr Sanatorium eine Moerdergrube ist."
"I, der Dauz!"
"Jawohl, Dauz! Ich werde Sie schon bedauzen! Wissen Sie, wer der neue
Kurgast auf dem Forellenhof ist, der sich Fritz Steiner nennt?"
"Nein!"
"Ein Geheimpolizist aus meiner Vaterstadt ist er. Ich habe ihn
wiedererkannt; denn ich hatte frueher mal mit ihm zu tun. Nun habe ich
gedacht, er sei hergeschickt, um mich zu ueberwachen. Denn er hat mich
frueher schon mal ueberwacht. Aber nein, wie ich ihn gestellt habe, hat er
mir gesagt, dass er auf den langen Ignaz auf dem Forellenhof abzielt. Er
wird den Beweis erbringen, dass Ignaz ein langgesuchter Raubmoerder ist, ein
frueherer Fleischergeselle."
Ich setzte mich wieder.
"Also, Piesecke, ist das wahr?"
"Habe ich Sie je belogen, Herr Doktor?"
"Nein, Piesecke, belogen haben Sie mich nie. Aber taeuscht sich auch Herr
Steiner nicht?"
"Das weiss ich nicht. Er wartet noch etwas vom Gericht ab - ich glaube,
Fingerabdruecke oder so etwas - und dann will er zur Verhaftung schreiten."
Mir wurde unbehaglich.
"Haben Sie auch eine Auseinandersetzung mit dem langen Ignaz gehabt?"
"Jawohl. Er will mich umbringen."
"Bitte, erzaehlen Sie!"
"Er hat mich schon immer verfolgt und gemisshandelt; er ist ein sehr roher
Kerl. Wie ich nun Fraeulein Hanne das gesagt hab, dass - nun, dass ich eben
doch ein Prinz bin, glaubte ich, ich sei mit ihr und mit Vater Barthel
allein in der grossen Stube. Auf einmal kommt der lange Ignaz hinter dem
Ofen hervor, hat gruengelbe Augen und packt mich an der Kehle. Ich habe
mich gewehrt; aber wenn Vater Barthel und Fraeulein Eva mir nicht geholfen
haette
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