esse menschlicher und
geistiger Eigenschaften, die bei uns Gemeingut des Volkes und Heeres
waren.
Die bisherigen Kaempfe mit den Armeen des Zaren hatten unseren Offizieren
und Soldaten das Gefuehl unbedingter Ueberlegenheit ueber diese Feinde
gegeben. Dieses Gefuehl, das unsere alten Landstuermer ebenso wie unsere
jungen Soldaten erfuellte, erklaerte es, dass wir hier im Osten
Truppengebilde in den Kampf werfen konnten, deren Kampfwert eine
Verwendung an der Westfront nur unter Vorbehalt zugelassen haette. Ein
ungeheurer Vorteil fuer uns, da wir zahlenmaessig so sehr den Gesamtgegnern
unterlegen waren! Freilich hatte die Verwendung solcher Verbaende ihre
Grenzen angesichts der grossen Anforderungen, die an die Ausdauer und an
die operative Beweglichkeit der Truppe in den oestlichen Gebieten zu
stellen waren. Die Hauptkraft musste immer wieder durch schlagkraeftige
Divisionen geliefert werden. Konnte man ihre zur Fuehrung entscheidender
Operationen noetige Anzahl nicht durch Neubildungen gewinnen, so mussten sie
nach meiner Ansicht, selbst unter Preisgabe von Teilen besetzter Gebiete,
aus der westlichen Front gezogen werden.
Diese Darlegungen sind nicht erst das Ergebnis nachtraeglicher
Gedankenkonstruktionen oder rueckschauender Kritik. Man hat ihnen gegenueber
darauf hingewiesen, dass der Russe jederzeit imstande sein wuerde, sich im
Falle der Not in die sogenannte Endlosigkeit seines Reiches so weit
zurueckzuziehen, dass unsere operative Kraft im Nachfolgen erlahmen muesste.
Ich glaube, dass diese Anschauungen sich allzusehr unter dem Banne der
Erinnerungen an 1812 befanden, dass sie der inzwischen eingetretenen
Entwickelung und Aenderung der politischen und wirtschaftlichen
Verhaeltnisse des inneren Zarenreiches - ich erinnere besonders an die
Eisenbahnen - nicht genuegend Rechnung trugen. Der napoleonische Feldzug
hatte seinerzeit nur einen verhaeltnismaessig schmalen Keil in das weite,
duenn bevoelkerte, wirtschaftlich primitive, innerpolitisch noch voellig
unerweckte Russland getrieben. Wie ganz anders sprach sich eine breite,
moderne Offensive aus; welche ganz andere innerstaatliche Verhaeltnisse
musste sie jetzt auch in Russland vorfinden?
In diesen Anschauungen lag letzten Endes der Widerstreit zwischen der
damaligen deutschen Heeresfuehrung und meinem Oberkommando. Die
Oeffentlichkeit hat viele Legenden in diesen Widerstreit hineingetragen.
Von dramatischen Vorgaengen konnte nicht die Rede sein, so tief m
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