dort naeher zu treten
die Ehre hatte, zaehlte Zar Ferdinand von Bulgarien. Er machte auf mich den
Eindruck eines hervorragenden Diplomaten. Sein politischer Blick ging weit
ueber die Grenzen des Balkans hinaus. Mit Meisterschaft verstand er es
dabei, in den grossen entscheidenden Fragen der Weltpolitik die Stellung
seines Landes wirkungsvoll zu beleuchten und in den Vordergrund zu ruecken.
Die Zukunft Bulgariens sollte sich, wie er meinte, in diesem Kriege durch
die endgueltige Beseitigung des russischen Einflusses und die endliche
Vereinigung aller bulgarischen Stammesangehoerigen unter einheitlicher
Fuehrung entscheiden. Andere Ziele seiner Politik hat der Zar mir gegenueber
niemals zur Sprache gebracht. Einen besonderen Eindruck machte mir die
Art, wie der Beherrscher der Bulgaren die politische Erziehung seines
aeltesten Sohnes leitete. Kronprinz Boris war gewissermassen der
Privatsekretaer seines koeniglichen Vaters und schien mir in die geheimsten
politischen Gedankengaenge des Zaren eingeweiht zu sein. Der hochbegabte
Prinz mit seiner vornehmen Denkungsart spielte die ihm anvertraute
wichtige Rolle in taktvollster Weise mit bescheidener Zurueckhaltung. Das
vaeterliche Regiment war dabei anscheinend ein ziemlich scharfes.
Die Aussenpolitik seines Staates fuehrte der Zar im wesentlichen ganz
allein. Inwiefern er auch die schwierigen innerpolitischen Verhaeltnisse
seines Landes unbedingt beherrschte, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich
glaube aber, dass er es verstand, mitten in der oftmals einreissenden
parlamentarischen Anarchie Bulgariens seinen Willen, und sei es manchmal
auch mit autokratischen Mitteln, geltend zu machen. Seine Aufgabe war in
dieser Beziehung zweifellos eine schwere. Die Bulgaren waren, wie alle
Balkanvoelker, aus der Knechtschaft in die volle staatliche Freiheit
hineingesprungen. Die Schulung und die harte Arbeit des Uebergangs von
einem Zustand zum anderen fehlte ihnen daher. Ich fuerchte, dass diese oft
so vortrefflich beanlagten Voelkerschaften noch viele Jahrzehnte unter den
Folgen des Mangels jener erzieherischen Zwischenzeit leiden werden.
Der bulgarische Koenig war zurzeit jedenfalls einer der bedeutendsten
Herrscher. Uns gegenueber bewaehrte er sich als treuer Bundesgenosse.
Waehrend unseres Aufenthaltes in Pless starb Kaiser Franz Joseph. Sein
Heimgang war fuer das Donaureich und uns ein Verlust, der in seiner ganzen
Groesse wohl erst spaeter voll gewuerdigt werden kann. Es unterla
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