rlaeufig in frontaler Verfolgung festgelegt. Wochen vergehen, bis
Verstaerkungen herangeholt werden koennen. Unterdessen weicht aber der Russe
weiter nach Osten; er gibt alles preis, selbst Warschau, wenn er nur seine
Hauptkraefte dem Verderben entziehen kann.
Erst am 9. September koennen wir vorwaerts auf Wilna. Moeglicherweise kann in
dieser Richtung auch jetzt noch Grosses gewonnen werden. Hunderttausende
russischer Truppen sind vielleicht unsere Beute. Wenn je stolze Hoffnungen
mit Ungeduld und Sorgen sich mischten, so geschieht es jetzt. Kommen wir
zu spaet? Sind wir kraeftig genug? Doch nur vorwaerts, ueber Wilna hinaus und
dann nach Sueden. Unsere Reitergeschwader legen bald Hand an die russische
Lebensader. Druecken wir diese zusammen, so stirbt die feindliche
Hauptkraft. Der Gegner kennt das drohende Unheil, er tut alles, um es
abzuwenden. Ein moerderisches Ringen bei Wilna beginnt. Jede gewonnene
Stunde rettet dem Russen viele seiner nach Osten flutenden Heerhaufen.
Unsere Kavalleriedivisionen muessen vor deren Rueckstau wieder zurueck. Die
Bahnlinie ins Herz der Heimat wird fuer den Gegner wieder frei. Wir sind zu
spaet gekommen, und wir ermatten!
Ich taeusche mich wohl nicht in der Annahme, dass der Gegensatz zwischen den
Anschauungen der deutschen Obersten Fuehrung und den unserigen ein
geschichtliches Interesse behalten wird. Aber wir duerfen bei der
Beurteilung der Plaene der Heeresleitung den Blick ueber das Gesamtbild des
Krieges nicht verlieren. Wir selbst sahen damals nur einen Teil dieses
Bildes. Die Frage, ob wir unter dem Eindrucke der gesamten politischen und
kriegerischen Lage anders geplant und anders gehandelt haetten, mag
uneroertert bleiben.
Loetzen
Aus diesem ernsten Gedankenstreit moechte ich zu einer idyllischeren Seite
unseres Kriegslebens im Jahre 1915 uebergehen, indem ich mich in meinen
Erinnerungen nach Loetzen begebe.
Das freundlich zwischen Seen, Wald und Hoehen gelegene Staedtchen wurde
unser Hauptquartier, als die Winterschlacht in Masuren auszuklingen
begann. Die Einwohner, befreit von Russengefahr und Russenschreck,
gewaehrten uns eine ruehrend herzliche Aufnahme. Dankbarst gedenke ich auch
des Landverkehrs auf den ohne zu grossen Zeitverlust erreichbaren Guetern,
der mir, wenn es der Ernst der Zeit erlaubte, Stunden der Erholung,
Ablenkung und Anregung brachte. Auch das edle Weidwerk kam dabei nicht zu
kurz; den Hoehepunkt bildet
|