tpreussen, und seit vielen
Jahren hatten sich Mutter und Tochter nimmer gesehen. Die bald 80
jaehrige Frau konnte _nicht mehr_, und die junge Frau konnte _noch_ nicht
die Reise wagen, die Kinder brauchten sie noch gar zu notwendig daheim.
Aber es war doch koestlich, das treue Mutterherz noch zu besitzen, wenn
auch in weiter Ferne. Seit langer Zeit hatte sie den Ihrigen nur kurze,
eilig geschriebene Briefe mit den noetigsten Mitteilungen schicken
koennen, jetzt wollte sie sich aussprechen, wie wenn sie endlich, endlich
einmal wieder bei der geliebten Mutter waere. Und es gab einen langen,
langen Brief, in dem die ganze Liebe zur Mutter sich aussprach, ja, in
dem es fast wie Heimweh klang, aber das konnte doch nicht sein, war Frau
Pfaeffling doch schon 18 Jahre aus dem Elternhaus. Es stand in dem Brief
viel von Glueck und Dankbarkeit, viel von des Tages Last und Hitze und
davon, dass ihr Mann und sie noch immer treulich an dem Trauungsspruch
festhielten: Ein jeder trage des andern Last.
Ihr Brief war fertig geworden beim letzten Schimmer des kurzen
Dezembertags. Jetzt, als es dunkelte, ging sie zum Christbaum und
zuendete ein einziges Lichtchen an. Das warf einen schwachen Schein und
grosse breite Schatten von Tannenzweigen zeichneten sich an der Decke des
Zimmers ab. Es war eine feierliche Stille am Weihnachtsbaum und Frau
Pfaeffling sagte leise vor sich hin: Nahet euch zu Gott, so nahet er sich
zu euch.
Eine Viertelstunde spaeter mahnte die Glocke, dass wieder Leben und
Bewegung Einlass begehre. "Nun werden die Kinder kommen," sagte sich Frau
Pfaeffling. Sie fuehlte sich wieder allen Anforderungen gewachsen,
froehlich ging sie hinaus und sprach zu sich selbst: "Dein Mann soll dich
nicht so matt wiederfinden, wie er dich verlassen hat." Sie ging, ihm
und den Kindern zu oeffnen, sie waren es aber nicht, die geklingelt
hatten, Walburg stand vor der Tuere.
"Du kommst schon?" rief Frau Pfaeffling erstaunt, "wir haben dich erst
mit dem letzten Zug erwartet."
"So kann ich das Abendessen machen," entgegnete das Maedchen. "Kartoffeln
zusetzen?"
"Ja, aber das ist mir jetzt nicht das wichtigste, sage mir doch erst,
wie alles gegangen ist," und da Walburg zoegerte, fuegte sie hinzu, "ich
bin ganz allein zu Hause." Und nun antwortete Walburg: "Er hat sich's
nicht so arg gedacht, er meint, fuer die Kinder waere doch eine besser,
die hoert." Ohne ein weiteres Wort wandte sie sich um und ging die Treppe
hinauf in ihre Kammer
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