achtet. Sie sass in schwere Gedanken
versunken. Zuerst hatte nur die Sorge sie bedrueckt, ob auch gewiss der
geliebte Mann morgen zurueckkaeme. Allmaehlich aber legte sich ihr schwer
aufs Herz der Gedanke, dass er wohl zurueckkommen koennte, aber mit einer
Schuld auf dem Gewissen, die nie, nie mehr zu tilgen war. Wenn schon
Gebhard diesen Verrat so tief empfand, wieviel mehr sein Vater! Und dazu
hatte _sie_ ihn veranlasst! Sein ganzes Leben hatte sie verdorben!
Und nun kamen noch andere schwere Ueberlegungen. Sie konnte sich nicht
entschliessen--wie es ihres Mannes Wunsch gewesen--zu seiner Mutter zu
gehen. Diese war eine tapfere aber auch strenge Frau. Helene fuehlte
nicht den Mut, ihr zu erzaehlen, was vorgefallen war, und es kam ihr
unmoeglich vor, ihr unter die Augen zu treten. So ueberlegte sie und
beschloss, bei ihrem Bruder Zuflucht zu suchen. Er und seine Frau hatten
sich schon bei Kriegsausbruch freundlich erboten, Helene mit dem
Toechterchen aufzunehmen. Damals hatte sie sich nicht von ihrem Manne
trennen wollen. Jetzt war es anders. Sie wollte dorthin, aber wohin
wuerde ihr Mann sich wenden?
In diesen Gedanken hatte Gebhards Frage sie unterbrochen. Nun sah er die
Mutter aufmerksam an und seinem teilnehmenden Blick fiel auf, wie
veraendert sie aussah. Sie hatte doch immer so helle Augen gehabt und
einen froehlichen Mund. Nun waren die Augen truebe und der Mund zuckte wie
von verhaltenem Schmerz. Gebhard dachte an seinen Vater. Wenn der jetzt
erschiene, ja dann wuerde die Mutter wieder so strahlend aussehen wie
sonst. Gerne haette er das auch so zustande gebracht wie der Vater, aber
das konnte er nicht; im Gegenteil: dass sie so veraendert aussah, war wohl
seine Schuld; seit dem Gespraech im Wagen war sie so still. Er haette
vielleicht das nicht sagen sollen, was er gesagt hatte. Was konnte er
aber jetzt machen? Lauter fremde Leute sassen herum, man konnte gar
nichts Liebes zu der Mutter sagen. Eine ganze Weile blieb er still und
nachdenklich, aber auf einmal kam ihm, was er suchte. "Mutter, unser
Juengferlein schlaeft so sanft, sieh nur, wie rosig ihre Baeckchen sind!"
Die Mutter blickte auf das Kind, streichelte die weichen Baeckchen, aber
dabei fuellten sich ihre Augen mit Traenen.
Auch das Juengferlein konnte die Freude nicht hervorlocken? Ja, dann
wusste Gebhard keinen Rat. Es ging eben nicht ohne den Vater!
Drittes Kapitel.
Im Verlauf der langen, muehseligen Reise erfuhr Gebhard, dass n
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