habe es
selbst gesehen, dass er mit den Russen gegangen ist!"
"Ja. So hat er euch das Leben gerettet und die Bande fortgebracht vom
Forsthof. Eine Kriegslist war das. Ja, er ist mit ihnen geritten, aber
wohin? Dahin, wo die deutsche Patrouille nicht war! Gebhard, kennst du
deinen Vater so wenig?"
Der Knabe senkte nicht den Blick vor dem strengen Ausdruck der
Grossmutter; ein glueckliches Leuchten flog ueber sein Gesicht. "So ganz
gewiss weisst du das, Grossmutter? kann es gar nicht anders moeglich sein?"
"Gebhard, wird es jemandem gelingen, deinen Leo, dies treue Tier, gegen
_dich_ zu hetzen? Wenn man ihn lockt, ihm droht? Schaeme dich, zu denken,
dass irgend etwas auf der Welt deinen Vater vermocht haette, die Deutschen
an ihre Feinde zu verraten!"
Zaghaft warf Helene ein: "Mein Bruder sagt, wer einmal in den Haenden der
Russen ist, der wird muerbe gemacht, wenn er noch so tapfer waere!"
"Dein _Bruder_ kann das sagen, er hat Rudolf kaum gekannt, aber du?"
Nachdenklich sah sie auf Helene und dachte unwillkuerlich an die Worte:
"Aus anderem Holz geschnitzt." Wie biegsam war die junge Gestalt, wie
weich die Zuege und sanft der Blick! Nachsichtig sprach sie zu ihr.
"Weil du selbst in jener Stunde schwach warst, hast du auch ihn fuer
schwach gehalten und hast doppelt darunter gelitten. Aber jetzt glaube
du mir und lass dich durch keine Einrede mehr irre machen. Dein Mann ist
_kein_ Verraeter. Von den Treusten einer ist er. Glaube an ihn; ein
Maertyrer kann er geworden sein, ein Verraeter nicht!" Tief erregt wandte
sie sich an Gebhard. "Gott gebe, dass du so wirst wie dein Vater! Einen
besseren Wunsch weiss ich nicht fuer dich!"
Erschuettert verliess sie das Gemach, sie musste jetzt fuer sich allein
sein.
Ihr starker Glaube ging in dieser Stunde ueber in die Seele von Mutter
und Kind; die schwerste Last war der jungen Frau vom Herzen genommen.
Es blieb die Trauer um den Helden, aber das war ein edler Schmerz, der
ihr Herz erhob. "Gebhard," sagte sie, "wie waren wir so verblendet und
wie wollen wir von jetzt an stolz sein auf den Vater!" Und die beiden
waren fast gluecklich zu nennen in diesem Augenblick. Aber die Mutter des
Helden kaempfte jetzt in ihrem Zimmer allein mit der tiefen Bewegung, in
die diese Unterredung sie versetzt hatte. Sie war ueberwaeltigt von dem
Gedanken an das Leiden ihres Sohnes. Was mochten die Feinde ihm angetan
haben in der Wut darueber, dass er ihnen nicht den rechten Weg wies? Das
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