FREE BOOKS

Author's List




PREV.   NEXT  
|<   53   54   55   56   57   58   59   60   61   62   63   64   65   66   67   68   69   70   71   72   73   74   75   76   >>  
n auch, das weiss ich, ein grauenvoller Anblick, und dies quaelt mich vor allem bei dem Gedanken an meine junge, weiche, fein empfindende Frau, die so etwas nicht ertragen kann." Das Vorlesen wurde unterbrochen durch einen schmerzlichen Aufschrei: "O Mutter, wie grausig!" Laut schluchzend drueckte Helene beide Haende vor das Gesicht, wie wenn sie verdecken wollte, was sie im Geist vor sich sah. Sie weinte bitterlich, es war nicht moeglich, weiter vorzulesen. Mitleidig sah die Mutter auf die Trostlose. "Fasse dich, Helene; nicht wahr, wir wussten schon lange, dass er in den Haenden grausamer Feinde war, und hatten uns auf das Schlimmste vorbereitet." "Ich nicht, Mutter, ich habe mir solch schreckliche Gedanken immer fern gehalten." Das konnte Frau Stegemann nicht begreifen. In ihrer Natur lag es, fest ins Auge zu fassen, was kommen musste. "Helene," sagte sie vorwurfsvoll, "du wolltest doch tapfer sein!" "Verzeih! Ich kann nicht, es ist zu schrecklich!" Vor der Tuere liess sich eine Stimme hoeren. "Grossmutter, darf ich kommen?" und Gebhard trat ein; er sah sein Muetterlein aufgeloest in Traenen, daneben die Grossmutter mit dem strengen Ausdruck, den er kannte. Ihm war er vertraut, aber die Mutter fuerchtete ihn, das wusste er. Und als er sie so im Jammer sah, erregte es ihn, er vergass sich und rief mit zornigem Ausdruck, waehrend ihm die Roete ins Gesicht stieg: "Grossmutter, so darf man nicht mit der Mutter reden, dass sie so weinen muss, das leidet der Vater nicht!" Die Grossmutter, die ihm sonst nie solch ungebaerdiges Auftreten hingehen liess, uebersah es diesmal; denn sein ritterliches Eintreten fuer die Mutter gefiel ihr. "Ich habe deine Mutter nicht traurig gemacht," sagte sie, "sondern dieser Brief, obgleich darin steht, dass der Vater bald kommt. Nun sieh nur zu, wie du sie troestest. Du kannst mit ihr den Brief fertig lesen!" Sie gab das Blatt in seine Hand und verliess die beiden. Gebhard stand ratlos mit dem Brief, denn eine fremde Handschrift war ihm noch eine schwere Aufgabe. "Vorlesen kann ich nicht," sagte er, "und troesten auch nicht." Da raffte sich Helene zusammen: "Nein, mein armer, lieber Bub, du sollst mich nicht troesten, du tust mir ja selbst so leid. Ich will dir sagen, warum ich weine: Sieh, der Vater, dein herzlieber Vater, ist blind; seine lieben, schoenen Augen sind ihm zerstoert worden aus Rache, weil er die Deutschen nicht an die Russen verraten wollte." Sie zog ihn an si
PREV.   NEXT  
|<   53   54   55   56   57   58   59   60   61   62   63   64   65   66   67   68   69   70   71   72   73   74   75   76   >>  



Top keywords:

Mutter

 
Helene
 
Grossmutter
 

wollte

 
troesten
 
kommen
 
Gedanken
 

Vorlesen

 

Ausdruck

 

Gebhard


Gesicht
 

weinen

 

obgleich

 

zornigem

 
waehrend
 
sondern
 

Eintreten

 

ungebaerdiges

 

Auftreten

 
hingehen

ritterliches
 

troestest

 

uebersah

 

gefiel

 
gemacht
 

diesmal

 

dieser

 
traurig
 

leidet

 
beiden

herzlieber
 

lieben

 

selbst

 

schoenen

 

Russen

 
Deutschen
 

verraten

 

zerstoert

 

worden

 
verliess

ratlos

 

fremde

 

kannst

 

fertig

 
Handschrift
 

lieber

 

sollst

 
zusammen
 

schwere

 

Aufgabe