hatte, dann folgte er ohne Widerspruch. Unter der Tuere blickte
er noch einmal zurueck und sah die Mutter mit Onkel und Tante beisammen
stehen, das Schwesterchen auf des Onkels Arm. Da war's ihm, als gehoerten
diese vier zusammen, er aber gehoerte nicht zu ihnen, sondern zu dem
armen, armen Vater, der so weit fort war und den er doch ueber alles in
der Welt liebte.
So wuchs allmaehlich eine Scheidewand zwischen ihm und der Mutter auf. Es
fehlte der Vater, der die beiden so innig verbunden hatte.
Aber es kam Hilfe von anderer Seite. Frau Dr. Stegemann, Gebhards
Grossmutter, kannte Helene nur wenig, aber sie hatte sie vor Jahr und Tag
herzlich als Schwiegertochter willkommen geheissen, manchen Brief mit ihr
gewechselt und sich innig gefreut ueber das Glueck, das sie ihrem Sohn und
Enkel von Herzen goennte. Sie konnte sich vorstellen, wie schwer die
junge Frau unter der Trennung von dem Gatten leiden musste. Aber sie
begriff nicht, warum die Schwiegertochter ihr jetzt nur selten und kurz
schrieb, ihr, der Mutter, die doch am besten mit ihr fuehlen konnte und
die laengst gebeten hatte, ihr die genaueren Umstaende ueber die
Verschleppung ihres Sohnes zu berichten. Die Schwiegertochter
entschuldigte sich damit, dass es sie zu sehr angreife, von diesem
schrecklichsten Tag ihres Lebens zu erzaehlen; aber Frau Dr. Stegemann
gab sich nicht laenger mit diesem Bescheid zufrieden. Als es Winter wurde
und immer dieselben duerftigen, traurigen Briefe kamen, schrieb sie der
Schwiegertochter, wofern sie und die Kinder gesund seien, moege sie mit
ihnen in Gebhards Weihnachtsferien zu ihr kommen. Es klang mehr wie ein
Verlangen als wie eine Bitte oder Einladung.
Helene zeigte den Brief ihren Geschwistern.
"Du haettest deiner Schwiegermutter laengst den ganzen Sachverhalt
mitteilen sollen," meinte der Bruder, "sie als Mutter kann erwarten, dass
ihr nichts vom Schicksal ihres Sohnes verschwiegen wird."
"Aber es kann ihr doch nur schrecklich sein! Sie hat uns bei Beginn des
Krieges voll gluehender Vaterlandsliebe geschrieben. Und dann--ich traue
mich nicht, ihr zu sagen, wie das alles gekommen ist, sie wird mich
verachten, denn sie ist so eine tapfere, strenge Frau!"
Die Schwaegerin fiel ihr ins Wort: "Immer quaelst du dich wieder so
unnoetig mit Vorwuerfen. Jede Frau haette so wie du fuer ihr und ihrer
Kinder Leben gebeten!"
"_Sie_ nicht!" sagte Helene bestimmt. Der Bruder wurde aergerlich. Er war
immer ein wenig eifersuechtig
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