ueber einen halben Faden
tief. Diese *Sendas* bilden sich im ueberschwemmten Wald, wie auf trockenem
Boden die Fusssteige. Die Indianer schlagen von einer Mission zur andern
mit ihren Canoes wo moeglich immer denselben Weg ein; da aber der Verkehr
gering ist, so stoesst man bei der ueppigen Vegetation zuweilen unerwartet
auf Hindernisse. Desshalb stand ein Indianer mit einem Machette (ein grosses
Messer mit vierzehn Zoll langer Klinge) vorne auf unserem Fahrzeug und
hieb fortwaehrend die Zweige ab, die sich von beiden Seiten des Canals
kreuzten. Im dicksten Walde vernahmen wir mit Ueberraschung einen
sonderbaren Laerm. Wir schlugen an die Buesche, und da kam ein Schwarm vier
Fuss langer *Toninas* (Suesswasserdelphine) zum Vorschein und umgab unser
Fahrzeug. Die Thiere waren unter den Aesten eines Kaesebaums oder _Bombax
Ceiba_ versteckt gewesen. Sie machten sich durch den Wald davon und warfen
dabei die Strahlen Wasser und comprimirter Luft, nach denen sie in allen
Sprachen Blasefische oder Spritzfische, _souffleurs_ u. s. w. heissen. Ein
sonderbarer Anblick mitten im Lande, drei- und vierhundert Meilen von den
Muendungen des Orinoco und des Amazonenstroms! Ich weiss wohl, dass Fische
von der Familie Pleuronectes [_Limanda_] aus dem atlantischen Meer in der
Loire bis Orleans heraufgehen; aber ich bin immer noch der Ansicht, dass
die Delphine im Temi, wie die im Ganges und wie die Rochen im Orinoco, von
den Seerochen und Seedelphinen ganz verschiedene Arten sind. In den
ungeheuren Stroemen Suedamerikas und in den grossen Seen Nordamerikas scheint
die Natur mehrere Typen von Seethieren zu wiederholen. Der Nil hat keine
Delphine;(58) sie gehen aus dem Meer im Delta nicht ueber Biana und
Metonbis, Selamoun zu, hinauf.
Gegen fuenf Uhr Abends gingen wir nicht ohne Muehe in das eigentliche
Flussbett zurueck. Unsere Pirogue blieb ein paar Minuten lang zwischen zwei
Baumstaemmen stecken. Kaum war sie wieder losgemacht, kamen wir an eine
Stelle, wo mehrere Wasserpfade oder kleine Canaele sich kreuzten, und der
Steuermann wusste nicht gleich, welches der befahrenste Weg war. Wir haben
oben gesehen, dass man in der Provinz Varinas im Canoe ueber die offenen
Savanen von San Fernando am Apure bis an den Arauca faehrt; hier fuhren wir
durch einen Wald, der so dicht ist, dass man sich weder nach der Sonne noch
nach den Sternen orientiren kann. Heute fiel es uns wieder recht auf, dass
es in diesem Landstrich keine baumartigen Farn mehr g
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