nder eingesperrt sind. "Was dieses Weib ausgefuehrt",
sagte der Missionaer, der uns diese traurige Geschichte erzaehlte, "der
kraeftigste Indianer haette sich nicht getraut es zu unternehmen." Sie ging
durch die Waelder in einer Jahreszeit, wo der Himmel immer mit Wolken
bedeckt ist und die Sonne Tage lang nur auf wenige Minuten zum Vorschein
kommt. Hatte sie sich nach dem Lauf der Wasser gerichtet? Aber da Alles
ueberschwemmt war, musste sie sich weit von den Flussufern, mitten in den
Waeldern halten, wo man das Wasser fast gar nicht laufen sieht. Wie oft
mochte sie von den stachligten Lianen aufgehalten worden sehn, welche um
die von ihnen umschlungenen Staemme ein Gitterwerk bilden! Wie oft musste
sie ueber die Baeche schwimmen, die sich in den Atabapo ergiessen! Man fragte
das unglueckliche Weib, von was sie sich vier Tage lang genaehrt; sie sagte,
voellig erschoepft habe sie sich keine andere Nahrung verschaffen koennen als
die grossen schwarzen Ameisen, _Vachacos_ genannt, die in langen Zuegen an
den Baeumen hinaufkriechen, um ihre harzigten Nester daran zu haengen. Wir
wollten durchaus vom Missionaer wissen, ob jetzt die Guahiba in Ruhe des
Glueckes habe geniessen koennen, um ihre Kinder zu seyn, ob man doch endlich
bereut habe, dass man sich so masslos vergangen? Er fand nicht fuer gut,
unsere Neugierde zu befriedigen; aber auf der Rueckreise vom Rio Negro
hoerten wir, man habe der Indianerin nicht Zeit gelassen, von ihren Wunden
zu genesen, sondern sie wieder von ihren Kindern getrennt und in eine
Mission am obern Orinoco gebracht. Dort wies sie alle Nahrung von sich und
starb, wie die Indianer in grossem Jammer thun.
Diess ist die Geschichte, deren Andenken an diesem unseligen Gestein, an
der _Piedra de la madre_ haftet. Es ist mit in dieser meiner
Reisebeschreibung nicht darum zu thun, bei der Schilderung einzelner
Ungluecksscenen zu verweilen. Dergleichen Jammer kommt ueberall vor, wo es
Herren und Sklaven gibt, wo civilisirte Europaeer unter versunkenen Voelkern
leben, wo Priester mit unumschraenkter Gewalt ueber unwissende, wehrlose
Menschen herrschen. Als Geschichtschreiber der Laender, die ich bereist,
beschraenke ich mich meist darauf, anzudeuten, was in den buergerlichen und
religioesen Einrichtungen mangelhaft oder der Menschheit verderblich
erscheint. Wenn ich beim *Fels der Guahiba* laenger verweilt habe, geschah
es nur, um ein ruehrendes Beispiel von Mutterliebe bei einer Menschenart
beizubringen, d
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