vermeintlichen Unerfahrenheit des Aristoteles zu nehmen.
----Fussnote
Einundneunzigstes Stueck
Den 15. Maerz 1768
Ja die wahren Namen selbst, kann man sagen, gingen nicht selten mehr auf
das Allgemeine, als auf das Einzelne. Unter dem Namen Sokrates wollte
Aristophanes nicht den einzeln Sokrates, sondern alle Sophisten, die sich
mit Erziehung junger Leute bemengten, laecherlich und verdaechtig machen.
Der gefaehrliche Sophist ueberhaupt war sein Gegenstand, und er nannte
diesen nur Sokrates, weil Sokrates als ein solcher verschrien war. Daher
eine Menge Zuege, die auf den Sokrates gar nicht passten; so dass Sokrates
in dem Theater getrost aufstehen und sich der Vergleichung preisgeben
konnte! Aber wie sehr verkennt man das Wesen der Komoedie, wenn man diese
nicht treffende Zuege fuer nichts als mutwillige Verleumdungen erklaert und
sie durchaus dafuer nicht erkennen will, was sie doch sind, fuer
Erweiterungen des einzeln Charakters, fuer Erhebungen des Persoenlichen zum
Allgemeinen!
Hier liesse sich von dem Gebrauche der wahren Namen in der griechischen
Komoedie ueberhaupt verschiednes sagen, was von den Gelehrten so genau noch
nicht auseinandergesetzt worden, als es wohl verdiente. Es liesse sich
anmerken, dass dieser Gebrauch keinesweges in der aeltern griechischen
Komoedie allgemein gewesen,[1] dass sich nur der und jener Dichter
gelegentlich desselben erkuehnet,[2] dass er folglich nicht als ein
unterscheidendes Merkmal dieser Epoche der Komoedie zu betrachten. [3]
Es liesse sich zeigen, dass, als er endlich durch ausdrueckliche Gesetze
untersagt war, doch noch immer gewisse Personen von dem Schutze dieser
Gesetze entweder namentlich ausgeschlossen waren, oder doch
stillschweigend fuer ausgeschlossen gehalten wurden. In den Stuecken des
Menanders selbst wurden noch Leute genug bei ihren wahren Namen genannt
und laecherlich gemacht.[4] Doch ich muss mich nicht aus einer
Ausschweifung in die andere verlieren.
Ich will nur noch die Anwendung auf die wahren Namen der Tragoedie machen.
So wie der Aristophanische Sokrates nicht den einzeln Mann dieses Namens
vorstellte, noch vorstellen sollte; so wie dieses personifierte Ideal
einer eiteln und gefaehrlichen Schulweisheit nur darum den Namen Sokrates
bekam, weil Sokrates als ein solcher Taeuscher und Verfuehrer zum Teil
bekannt war, zum Teil noch bekannter werden sollte; so wie bloss der
Begriff von Stand und Charakter, den man mit dem Namen Sokrates verban
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