nz machen zu muessen
geglaubet, um sie unsern Sitten naeher zu bringen.
Was soll man ueberhaupt von der Notwendigkeit dieser Veraenderungen sagen?
Wenn wir so wenig Anstoss finden, roemische oder griechische Sitten in der
Tragoedie geschildert zu sehen: warum nicht auch in der Komoedie? Woher die
Regel, wenn es anders eine Regel ist, die Szene der erstern in ein
entferntes Land, unter ein fremdes Volk; die Szene der andern aber in
unsere Heimat zu legen? Woher die Verbindlichkeit, die wir dem Dichter
aufbuerden, in jener die Sitten desjenigen Volkes, unter dem er seine
Handlung vorgehen laesst, so genau als moeglich zu schildern; da wir in
dieser nur unsere eigene Sitten von ihm geschildert zu sehen verlangen?
"Dieses", sagt Pope an einem Orte, "scheinet dem ersten Ansehen nach
blosser Eigensinn, blosse Grille zu sein: es hat aber doch seinen guten
Grund in der Natur. Das Hauptsaechlichste, was wir in der Komoedie suchen,
ist ein getreues Bild des gemeinen Lebens, von dessen Treue wir aber
nicht so leicht versichert sein koennen, wenn wir es in fremde Moden und
Gebraeuche verkleidet finden. In der Tragoedie hingegen ist es die
Handlung, was unsere Aufmerksamkeit am meisten an sich ziehet. Einen
einheimischen Vorfall aber fuer die Buehne bequem zu machen, dazu muss man
sich mit der Handlung groessere Freiheiten nehmen, als eine zu bekannte
Geschichte verstattet."
----Fussnote
[1] "Epit, [Greek: taes synkriseos] Arist. [Greek: kai Menan]",
p. 1588. Ed. Henr. Stephani.
[2] Dreiundsiebzigstes Stueck.
----Fussnote
Siebenundneunzigstes Stueck
Den 5. April 1768
Diese Aufloesung, genau betrachtet, duerfte wohl nicht in allen Stuecken
befriedigend sein. Denn zugegeben, dass fremde Sitten der Absicht der
Komoedie nicht so gut entsprechen, als einheimische: so bleibt noch immer
die Frage, ob die einheimischen Sitten nicht auch zur Absicht der
Tragoedie ein besseres Verhaeltnis haben, als fremde? Diese Frage ist
wenigstens durch die Schwierigkeit, einen einheimischen Vorfall ohne
allzumerkliche und anstoessige Veraenderungen fuer die Buehne bequem zu
machen, nicht beantwortet. Freilich erfodern einheimische Sitten auch
einheimische Vorfaelle: wenn denn aber nur mit jenen die Tragoedie am
leichtesten und gewissesten ihren Zweck erreichte, so muesste es ja doch
wohl besser sein, sich ueber alle Schwierigkeiten, welche sich bei
Behandlung dieser finden, wegzusetzen als in Absicht des Wesentlichsten
zu kurz zu
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