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Regeln und Kritik das Genie unterdruecken koennen: heisst mit andern Worten
behaupten, dass Beispiele und Uebung eben dieses vermoegen; heisst, das Genie
nicht allein auf sich selbst, heisst es sogar lediglich auf seinen ersten
Versuch einschraenken.
Ebensowenig wissen diese weise Herren, was sie wollen, wenn sie ueber die
nachteiligen Eindruecke, welche die Kritik auf das geniessende Publikum
mache, so lustig wimmern! Sie moechten uns lieber bereden, dass kein Mensch
einen Schmetterling mehr bunt und schoen findet, seitdem das boese
Vergroesserungsglas erkennen lassen, dass die Farben desselben nur
Staub sind.
"Unser Theater", sagen sie, "ist noch in einem viel zu zarten Alter, als
dass es den monarchischen Szepter der Kritik ertragen koenne.--Es ist fast
noetiger, die Mittel zu zeigen, wie das Ideal erreicht werden kann, als
darzutun, wie weit wir noch von diesem Ideale entfernt sind.--Die Buehne
muss durch Beispiele, nicht durch Regeln reformieret werden.--Raisonnieren
ist leichter als selbst erfinden."
Heisst das, Gedanken in Worte kleiden: oder heisst es nicht vielmehr,
Gedanken zu Worten suchen, und keine erhaschen?--Und wer sind sie denn,
die so viel von Beispielen und vom Selbsterfinden reden? Was fuer
Beispiele haben sie denn gegeben? Was haben sie denn selbst erfunden?
--Schlaue Koepfe! Wenn ihnen Beispiele zu beurteilen vorkommen, so
wuenschen sie lieber Regeln; und wenn sie Regeln beurteilen sollen, so
moechten sie lieber Beispiele haben. Anstatt von einer Kritik zu beweisen,
dass sie falsch ist, beweisen sie, dass sie zu strenge ist; und glauben
vertan zu haben! Anstatt ein Raisonnement zu widerlegen, merken sie an,
dass Erfinden schwerer ist als Raisonnieren; und glauben widerlegt
zu haben!
Wer richtig raisonniert, erfindet auch: und wer erfinden will, muss
raisonnieren koennen. Nur die glauben, dass sich das eine von dem andern
trennen lasse, die zu keinem von beiden aufgelegt sind.
Doch was halte ich mich mit diesen Schwaetzern auf? Ich will meinen Gang
gehen und mich unbekuemmert lassen, was die Grillen am Wege schwirren.
Auch ein Schritt aus dem Wege, um sie zu zertreten, ist schon zu viel.
Ihr Sommer ist so leicht abgewartet!
Also, ohne weitere Einleitung, zu den Anmerkungen, die ich bei
Gelegenheit der ersten Vorstellung der "Brueder" des Herrn Romanus[2]
annoch ueber dieses Stueck versprach!--Die vornehmsten derselben werden die
Veraenderungen betreffen, die er in der Fabel des Tere
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