fallen, welches ohnstreitig der Zweck ist. Auch werden nicht
alle einheimische Vorfaelle so merklicher und anstoessiger Veraenderungen
beduerfen; und die deren beduerfen, ist man ja nicht verbunden zu
bearbeiten. Aristoteles hat schon angemerkt, dass es gar wohl
Begebenheiten geben kann und gibt, die sich vollkommen so ereignet haben,
als sie der Dichter braucht. Da dergleichen aber nur selten sind, so hat
er auch schon entschieden, dass sich der Dichter um den wenigern Teil
seiner Zuschauer, der von den wahren Umstaenden vielleicht unterrichtet
ist, lieber nicht bekuemmern, als seiner Pflicht minder Genuege
leisten muesse.
Der Vorteil, den die einheimischen Sitten in der Komoedie haben, beruhet
auf der innigen Bekanntschaft, in der wir mit ihnen stehen. Der Dichter
braucht sie uns nicht erst bekannt zu machen; er ist aller hierzu noetigen
Beschreibungen und Winke ueberhoben; er kann seine Personen sogleich nach
ihren Sitten handeln lassen, ohne uns diese Sitten selbst erst langweilig
zu schildern. Einheimische Sitten also erleichtern ihm die Arbeit und
befoerdern bei dem Zuschauer die Illusion.
Warum sollte nun der tragische Dichter sich dieses wichtigen doppelten
Vorteils begeben? Auch er hat Ursache, sich die Arbeit so viel als
moeglich zu erleichtern, seine Kraefte nicht an Nebenzwecke zu
verschwenden, sondern sie ganz fuer den Hauptzweck zu sparen. Auch ihm
koemmt auf die Illusion des Zuschauers alles an.--Man wird vielleicht
hierauf antworten, dass die Tragoedie der Sitten nicht gross beduerfe; dass
sie ihrer ganz und gar entuebriget sein koenne. Aber sonach braucht sie
auch keine fremde Sitten; und von dem wenigen, was sie von Sitten haben
und zeigen will, wird es doch immer besser sein, wenn es von
einheimischen Sitten hergenommen ist, als von fremden.
Die Griechen wenigstens haben nie andere als ihre eigene Sitten, nicht
bloss in der Komoedie, sondern auch in der Tragoedie, zum Grunde gelegt. Ja
sie haben fremden Voelkern, aus deren Geschichte sie den Stoff ihrer
Tragoedie etwa einmal entlehnten, lieber ihre eigenen griechischen Sitten
leihen, als die Wirkungen der Buehne durch unverstaendliche barbarische
Sitten entkraeften wollen. Auf das Kostuem, welches unsern tragischen
Dichtern so aengstlich empfohlen wird, hielten sie wenig oder nichts. Der
Beweis hiervon koennen vornehmlich die "Perser" des Aeschylus sein: und
die Ursache, warum sie sich so wenig an das Kostuem binden zu duerfen
glaubten, ist aus d
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