kann: so auch die
Kritik. Wenn ich mit ihrer Hilfe etwas zustande bringe, welches besser
ist, als es einer von meinen Talenten ohne Kritik machen wuerde: so kostet
es mich so viel Zeit, ich muss von andern Geschaeften so frei, von
unwillkuerlichen Zerstreuungen so ununterbrochen sein, ich muss meine ganze
Belesenheit so gegenwaertig haben, ich muss bei jedem Schritte alle
Bemerkungen, die ich jemals ueber Sitten und Leidenschaften gemacht, so
ruhig durchlaufen koennen; dass zu einem Arbeiter, der ein Theater mit
Neuigkeiten unterhalten soll, niemand in der Welt ungeschickter sein
kann, als ich.
Was Goldoni fuer das italienische Theater tat, der es in einem Jahre mit
dreizehn neuen Stuecken bereicherte, das muss ich fuer das deutsche zu tun
folglich bleiben lassen. Ja, das wuerde ich bleiben lassen, wenn ich es
auch koennte. Ich bin misstrauischer gegen alle erste Gedanken, als De la
Casa und der alte Shandy nur immer gewesen sind. Denn wenn ich sie auch
schon nicht fuer Eingebungen des boesen Feindes, weder des eigentlichen
noch des allegorischen, halte:[1] so denke ich doch immer, dass die ersten
Gedanken die ersten sind, und dass das Beste auch nicht einmal in allen
Suppen obenauf zu schwimmen pflegt. Meine erste Gedanken sind gewiss kein
Haar besser, als jedermanns erste Gedanken: und mit jedermanns Gedanken
bleibt man am kluegsten zu Hause.
--Endlich fiel man darauf, selbst das, was mich zu einem so langsamen,
oder, wie es meinen ruestigem Freunden scheinet, so faulen Arbeiter macht,
selbst das an mir nutzen zu wollen: die Kritik. Und so entsprang die Idee
zu diesem Blatte.
Sie gefiel mir, diese Idee. Sie erinnerte mich an die Didaskalien der
Griechen, d.I. an die kurzen Nachrichten, dergleichen selbst Aristoteles
von den Stuecken der griechischen Buehne zu schreiben der Muehe wert
gehalten. Sie erinnerte mich, vor langer Zeit einmal ueber den
grundgelehrten Casaubonus bei mir gelacht zu haben, der sich, aus wahrer
Hochachtung fuer das Solide in den Wissenschaften, einbildete, dass es dem
Aristoteles vornehmlich um die Berichtigung der Chronologie bei seinen
Didaskalien zu tun gewesen.[2]--Wahrhaftig, es waere auch eine ewige
Schande fuer den Aristoteles, wenn er sich mehr um den poetischen Wert der
Stuecke, mehr um ihren Einfluss auf die Sitten, mehr um die Bildung des
Geschmacks darin bekuemmert haette, als um die Olympiade, als um das Jahr
der Olympiade, als um die Namen der Archonten, unter welchen sie zuer
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