usdrueckt als Diderot, fast ebenso geradezu dem Aristoteles zu
widersprechen scheint, und gleichwohl im Grunde so wenig widerspricht,
dass ich ihn vielmehr unter allen Kunstrichtern fuer denjenigen erkennen
muss, der noch das meiste Licht ueber diese Materie verbreitet hat.
Es ist dieses der englische Kommentator der Horazischen Dichtkunst, Hurd;
ein Schriftsteller aus derjenigen Klasse, die durch Uebersetzungen bei uns
immer am spaetesten bekannt werden. Ich moechte ihn aber hier nicht gern
anpreisen, um diese seine Bekanntmachung zu beschleunigen. Wenn der
Deutsche, der ihr gewachsen waere, sich noch nicht gefunden hat: so
duerften vielleicht auch der Leser unter uns noch nicht viele sein, denen
daran gelegen waere. Der fleissige Mann, voll guten Willens, uebereile sich
also lieber damit nicht und sehe, was ich von einem noch unuebersetzten
guten Buche hier sage, ja fuer keinen Wink an, den ich seiner allezeit
fertigen Feder geben wollen.
Hurd hat seinem Kommentar eine Abhandlung "Ueber die verschiednen Gebiete
des Drama" beigefuegt. Denn er glaubte bemerkt zu haben, dass bisher nur
die allgemeinen Gesetze dieser Dichtungsart in Erwaegung gezogen worden,
ohne die Grenzen der verschiednen Gattungen derselben festzusetzen.
Gleichwohl muesse auch dieses geschehen, um von dem eigenen Verdienste
einer jeden Gattung insbesondere ein billiges Urteil zu faellen. Nachdem
er also die Absicht des Drama ueberhaupt, und der drei Gattungen
desselben, die er vor sich findet, der Tragoedie, der Komoedie und des
Possenspiels, insbesondere festgesetzt: so folgert er, aus jener
allgemeinen und aus diesen besondern Absichten, sowohl diejenigen
Eigenschaften, welche sie unter sich gemein haben, als diejenigen, in
welchen sie voneinander unterschieden sein muessen.
Unter die letztern rechnet er, in Ansehung der Komoedie und Tragoedie, auch
diese, dass der Tragoedie eine wahre, der Komoedie hingegen eine erdichtete
Begebenheit zutraeglicher sei. Hierauf faehrt er fort: The same genius in
the two dramas is observable, in their draught of characters. Comedy
makes all its characters general; tragedy, particular. The Avare of
Moliere is not so properly the picture of a covetous man, as of
covetousness itself. Racine's Nero on the other hand, is not a picture of
cruelty, but of a cruel man. d.I.: "In dem naemlichen Geiste schildern
die zwei Gattungen des Drama auch ihre Charaktere. Die Komoedie macht alle
ihre Charaktere general; die Tragoed
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