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e. Dieses letztere ist der allgemeine Tadel, womit die Schule der niederlaendischen Maler zu belegen, als die ihre Vorbilder aus der wirklichen Natur, und nicht, wie die italienische, von dem geistigen Ideale der Schoenheit entlehnet. [3] Jenes aber entspricht einem andern Fehler, den man gleichfalls den niederlaendischen Meistern vorwirft und der dieser ist, dass sie lieber die besondere, seltsame und groteske als die allgemeine und reizende Natur sich zum Vorbilde waehlen. Wir sehen also, dass der Dichter, indem er sich von der eigenen und besondern Wahrheit entfernet, desto getreuer die allgemeine Wahrheit nachahmet. Und hieraus ergibt sich die Antwort auf jenen spitzfindigen Einwurf, den Plato gegen die Poesie ausgegruebelt hatte und nicht ohne Selbstzufriedenheit vorzutragen schien. Naemlich, dass die poetische Nachahmung uns die Wahrheit nur sehr von weitem zeigen koenne. Denn, der poetische Ausdruck, sagt der Philosoph, ist das Abbild von des Dichters eigenen Begriffen; die Begriffe des Dichters sind das Abbild der Dinge; und die Dinge das Abbild des Urbildes, welches in dem goettlichen Verstande existieret. Folglich ist der Ausdruck des Dichters nur das Bild von dem Bilde eines Bildes und liefert uns urspruengliche Wahrheit nur gleichsam aus der dritten Hand. [4] Aber alle diese Vernuenftelei faellt weg, sobald man die nur gedachte Regel des Dichters gehoerig fasset und fleissig in Ausuebung bringet. Denn indem der Dichter von den Wesen alles absondert, was allein das Individuum angehet und unterscheidet, ueberspringet sein Begriff gleichsam alle die zwischen inne liegenden besondern Gegenstaende und erhebt sich, soviel moeglich, zu dem goettlichen Urbilde, um so das unmittelbare Nachbild der Wahrheit zu werden. Hieraus lernt man denn auch einsehen, was und wie viel jenes ungewoehnliche Lob, welches der grosse Kunstrichter der Dichtkunst erteilet, sagen wolle; dass sie, gegen die Geschichte genommen, das ernstere und philosophischere Studium sei: [Greek: philosophoteron kai spoudaioteron poiaesis historias estin]. Die Ursache, welche gleich darauf folgt, ist nun gleichfalls sehr begreiflich: [Greek: ae men gar poiaesis mallon ta katholou, ae d' historia ta kath' ekaston legei].[5] Ferner wird hieraus ein wesentlicher Unterschied deutlich, der sich, wie man sagt, zwischen den zwei grossen Nebenbuhlern der griechischen Buehne soll befunden haben. Wenn man dem Sophocles vorwarf, dass es seinen Charakteren an Wahrhe
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