zweiten hingegen, "Jedermann aus seinem
Humor", ist fast nicht die geringste Fabel; es treten eine Menge der
wunderlichsten Narren nacheinander auf, man weiss weder wie noch warum;
und ihr Gespraech ist ueberall durch ein paar Freunde des Verfassers
unterbrochen, die unter dem Namen Grex eingefuehrt sind und Betrachtung
ueber die Charaktere der Personen und ueber die Kunst des Dichters, sie zu
behandeln, anstellen. Das aus seinem Humor, out of his Humour, zeigt an,
dass alle die Personen in Umstaende geraten, in welchen sie ihres Humors
satt und ueberdruessig werden.
----Fussnote
Vierundneunzigstes Stueck
Den 25. Maerz 1768
Und so viel von der Allgemeinheit der komischen Charaktere und den
Grenzen dieser Allgemeinheit nach der Idee des Hurd!--Doch es wird noetig
sein, noch erst die zweite Stelle beizubringen, wo er erklaert zu haben
versichert, inwieweit auch den tragischen Charakteren, ob sie schon nur
partikular waeren, dennoch eine Allgemeinheit zukomme: ehe wir den Schluss
ueberhaupt machen koennen, ob und wie Hurd mit Diderot, und beide mit dem
Aristoteles uebereinstimmen.
"Wahrheit", sagt er, "heisst in der Poesie ein solcher Ausdruck, als der
allgemeinen Natur der Dinge gemaess ist; Falschheit hingegen ein solcher,
als sich zwar zu dem vorhabenden besondern Falle schicket, aber nicht mit
jener allgemeinen Natur uebereinstimmet. Diese Wahrheit des Ausdrucks in
der dramatischen Poesie zu erreichen, empfiehlet Horaz[1] zwei Dinge:
einmal, die Sokratische Philosophie fleissig zu studieren; zweitens, sich
um eine genaue Kenntnis des menschlichen Lebens zu bewerben. Jenes, weil
es der eigentuemliche Vorzug dieser Schule ist, ad veritatem vitae propius
accedere;[2] dieses, um unserer Nachahmung eine desto allgemeinere
Aehnlichkeit erteilen zu koennen. Sich hiervon zu ueberzeugen, darf man nur
erwaegen, dass man sich in Werken der Nachahmung an die Wahrheit zu genau
halten kann; und dieses auf doppelte Weise. Denn entweder kann der
Kuenstler, wenn er die Natur nachbilden will, sich zu aengstlich
befleissigen, alle und jede Besonderheiten seines Gegenstandes anzudeuten,
und so die allgemeine Idee der Gattung auszudruecken verfehlen. Oder er
kann, wenn er sich diese allgemeine Idee zu erteilen bemueht, sie aus zu
vielen Faellen des wirklichen Lebens, nach seinem weitesten Umfange,
zusammensetzen; da er sie vielmehr von dem lautern Begriffe, der sich
bloss in der Vorstellung der Seele findet, hernehmen sollt
|