haltsangabe der Walburgislegende.
Dem allgefeierten ersten Mai geht die Walburgisnacht unmittelbar voraus,
der heitersten Naturfreude die verderbenbringende Hexennacht. Hier eine
jungfraeuliche Maikoenigin, aus dem frischen Gruen der Haine ueber den
thauigen Anger her in unser Dorf einziehend, empfangen und umjubelt von
der maientragenden Kinderschaar; dorten aber auf finsterer Berghoehe die
entsetzliche Nachtkoenigin, Hagel und Schlossensturm, Misswachs und
Seuche brauend, unkeusche Satanstaenze abhaltend, eine Feindin des
Wachsthums und der Zeugung: welch ein Contrast binnen vierundzwanzig
Stunden, welche Paarung der Brokenhexe und der Kirchenheiligen unter
einem und demselben Namen! Die nachfolgende Untersuchung strebt den
Zusammenhang dieser zwei getrennten, so hart sich widersprechenden
Haelften eines urspruenglich einheitlichen Wesens aufzuweisen und
dieselben zur wuerdigen Gesammtheit eines germanischen Goetterbildes zu
vereinbaren. Zu diesem Zwecke wird hier eine Skizze der Walburgislegende
nach deren aeltester Aufzeichnung, unter Weglassung der ausschmueckenden
kirchlichen Zuthaten, vorangestellt. Quelle und Schauplatz der Legende
ist baierisch Franken, zugleich die Heimat des Verfassers vorliegender
Ausarbeitung.
Die Quellen, auf weiche sich die Untersuchung wiederholt zu berufen hat,
sind nachfolgende.
Das Hodoeporicon oder Itinerarium (so benannt, weil es Wilibalds Reise
nach Jerusalem enthaelt) schrieb eine Landsmaennin und Zeitgenossin
Wilibalds aus ihrer eignen und der Diakone Erinnerung. Sie heisst die
Heidenheimer ungenannte Nonne, und war 762 ins Heidenheimer Kloster
eingetreten, also noch zu Walburgis Lebzeiten. Das Original ist erst
seit Canisius und Mabillon bekannt geworden und steht gedruckt bei
Falkenstein Cod. dipl. 447. Bei der franz. Invasion des Bisthums
commandirte der zu Marschal Ney's Armee gehoerende General Dominik Joba
etliche Wochen in Eichstaedt, beruechtigt als Inkunabeln- und Gemaeldedieb;
er liess durch seinen Sohn am 16. Juli 1800 die Handschrift im
Chorherrenstifte Rebdorf stehlen, seitdem ist sie verloren. Sax, Gesch.
des Hochstifts Eichstaedt, S. 365. Dies ist die Hauptquelle fuer alle
uebrigen Aufzeichnungen der Walburgislegende. Die naechstfolgende
Biographie Walburgis verfasste zu Ende des 9. Jahrhunderts der Moench
Wolfhard zu Hasenried, das spaetere Herrieden a.d. Altmuehl, einer im J.
888 durch Kaiser Arnulf an das Eichstaedter Bisthum vergabten Abtei. Im
J. 1309
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